Ursula Richard wurde kürzlich von der International Women’s Meditation Center Foundation mit einem besonderen Award geehrt. Im Interview mit YOGA AKTUELL spricht sie über das Wachsein, den Wunsch nach mehr Solidarität und Mitgefühl, und über das engagierte Handeln als Teil der Praxis.
Ursula Richard ist Buchautorin, Verlegerin, Übersetzerin zahlreicher Bücher von Thich Nhat Hanh, ehemalige Chefredakteurin der Zeitschrift Buddhismus aktuell und seit vierzig Jahren auf spirituellen Pfaden unterwegs. Am 8. März, dem Internationalen Frauentag, wurde sie mit dem Outstanding Women in Buddhism Award 2023 ausgezeichnet. Im YOGA-AKTUELL-Interview erzählt sie, was die spirituelle Praxis für sie bedeutet.
INTERVIEW
YOGA AKTUELL: Du bist gerade als eine der „Outstanding Women in Buddhism“ geehrt worden. Um was für eine Auszeichnung handelt es sich dabei?
Ursula Richard: Damit werden seit über zwanzig Jahren buddhistische Frauen weltweit geehrt für ihr engagiertes Tun, für ihr Lebenswerk; dafür, dass sie durch ihre Praxis auch andere Frauen ermutigen.
Was genau bedeutet das, Frauen zu ermutigen?
Die allermeisten Preisträgerinnen kommen aus dem asiatischen Raum, aus Ländern, die noch sehr patriarchal geprägt sind – und das betrifft auch den Buddhismus. In einigen buddhistischen Ländern gibt es für Frauen immer noch keine Möglichkeit, eine Vollordination als Nonne zu bekommen, und nur sehr begrenzte Möglichkeiten, ein Leben jenseits traditioneller Familienbande zu führen. Die ausgezeichneten Frauen haben zum Teil zunächst ein ganz traditionelles Leben geführt, geheiratet, Kinder großgezogen, und als die aus dem Haus waren, haben sie den familiären Rahmen verlassen, sind – soweit möglich – Nonnen geworden und leiten jetzt ein kleines Zentrum oder einen Tempel. Für sie ist dieser Weg auch eine Emanzipation von traditionellen patriarchalen Vorstellungen. Sie sind damit große Vorbilder für Frauen; sie zeigen, dass auch ein anderes Leben jenseits des engen familiären Rahmens möglich ist. Durch den Preis erhalten sie eine größere Sichtbarkeit. Ihr Licht kann auch für andere Frauen wegweisend sein.
Für mich bedeutet diese Auszeichnung einen Ansporn, mich noch mehr darauf auszurichten, wo ich hilfreich sein und Verbundenheit noch bewusster leben kann.
Du hast ja nicht dieses traditionelle Leben mit Heirat und Kindern geführt, bist aber trotzdem ausgezeichnet worden. Wie war das für dich persönlich?
Es hat mich zunächst sehr überrascht, dann beschämt, dann zutiefst berührt, eine der diesjährigen Preisträgerinnen zu sein und mich […]