In einer Welt, die sich ständig verändert und in der Bildungseinrichtungen mit verschiedenen Problemen wie Lehrermangel, steigendem Leistungsdruck und sozialen Herausforderungen zu kämpfen haben, stehen Lehrerkräfte vor einer hohen Beanspruchung. Mona Bekteši ist selbst Lehrerin und Lehrerausbilderin am Landesinstitut für Schule und der Universität Bremen sowie Yogalehrerin. Sie hat es sich die Lehrergesundheit zur Aufgabe gemacht und möchte den Yoga und die Achtsamkeit mehr in Schulen und Bildungseinrichtungen bringen.
INTERVIEW
YOGA AKTUELL: Warum wird Achtsamkeit bzw. Resilienz in der Lehrerwelt immer wichtiger?
Mona Bekteši: Außerhalb der Lehrerwelt erahnt man kaum, wie komplex und hochfrequent die Anforderungen an Lehrer sind. Als Lehrer steht man tagtäglich vor großen Herausforderungen und hat eine große gesellschaftliche und individuelle Verantwortung.
Lehrer springen im Sekundentakt von einer sozial komplexen Situation in die nächste und müssen ständig umschalten: Im Unterrichtsgespräch wollen 25 Schülerinnen und Schüler gesehen werden, während die Lehrkräfte im Geiste entscheiden müssen, ob sie auf die Störung von einigen Kindern reagieren oder einfach weitermachen. Nach der Stunde müssen mitunter Gespräche mit Schülern geführt werden, Kolleginnen haben Rückfragen bezüglich der Organisation von Elternabenden oder Ausflügen, auf dem Weg zum Lehrerzimmer gibt es auf den Fluren Rangeleien zwischen Schülern, die es zu unterbinden gilt – und zeitgleich merkt man, dass man eigentlich mal wieder dringend zur Toilette müsste…
Schon allein im Berufsalltag müssen Lehrkräfte Umschalt-Profis sein und sich immer wieder auf neue Situationen einlassen. Die Idee ist daher, dass sie sich so doch eigentlich auch ein Umschalten zu gesunder Rekreation bewusst aneignen könnten.
Die Natur hat das in uns angelegt, weil wir nicht endlos im Herausforderungsmodus bleiben können. Wir suchen ganz automatisch kleine Pausen, die oft leider Flüchte sind. Mit dem „Selbststärkungsprogramm für mehr Gesundheit und Resilienz“ lernt man mit speziell zugeschnittenen Yoga-und Achtsamkeitssequenzen in Resilienz und Rekreation umzuschalten. So wird man mit jedem Mal mehr zu einem Umschaltprofi für Gelassenheit und Resilienz. Es ist wie ein kleines Trainingsprogramm: Die kleinen Flüchte werden so zu seelisch und körperlich aufbauenden kurzen Rüstzeiten.
Hast du das Gefühl, dass die Lehrkräfte mittlerweile offener für Achtsamkeit und Yoga sind als sie es noch vor ein paar Jahren waren? Falls ja, was hat zu diesem Wandel beigetragen?
Ich erlebe die Lehrer in meinen Fortbildungen als unglaublich aufgeschlossen und bereit, sich auf Neues einzulassen, um für Erleichterung und Entspannung zu sorgen. Schlussendlich sehnen wir uns alle nach einem guten Leben und einer gesunden Work-Life-Balance.
Ich habe den Eindruck, dass dieses Bedürfnis in der gegenwärtig gesellschaftlich herausfordernden Situation, die natürlich auch in die Schule hineinwirkt, zunimmt. Das liegt zu einem in meinen Augen daran, dass Yoga und Achtsamkeit in aller Munde sind und daher einem breiteren Publikum bekannt sind; schließlich praktizieren auch viele bekannte Persönlichkeiten regelmäßig Yoga und Achtsamkeit. Zum anderen ist das Thema Lehrergesundheit aufgrund der vielen Herausforderungen auch in der Lehrerwelt aktuell sehr präsent. Viele Lehrer sind erschöpft, die Anforderungen werden immer größer und da bieten Yoga und Achtsamkeit einen Ansatz zur Selbsthilfe, der zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder Kleidung eingesetzt werden kann. Und das spricht sich rum. Viele Lehrer erleben, dass sie mit einfachen Übungen ihre inneren Ressourcen aktivieren und so mehr Gelassenheit aufbauen können. Und viele Kollegen berichten mir, dass sie die Übungen auch mit ihren Schülern praktizieren und es zu einem partnerschaftlicheren Umgang kommt.
Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Aspekte in deinem Selbststärkungsprogramm für mehr Gesundheit und Resilienz?
Meine Mission ist es, mit dem „Selbststärkungsprogramm für mehr Gesundheit und Resilienz“ alle Lehrkräfte darin zu unterstützen, ein ausgeglichenes und glückliches Leben zu führen. Mir war es wichtig, ein Programm zu entwickeln, das speziell auf den Alltag der Lehrkräfte abgestimmt ist, und Möglichkeiten zur Wahl lässt: Daher besteht das Programm aus einer Kombination aus bewährten Achtsamkeits-, Atem-, Yoga- und Entspannungsübungen wie auch Meditationen. Da auch das Thema Ernährung eine große Rolle für die Gesundheit spielt, haben wir Rezepte in das Programm integriert.
Am wichtigsten ist mir, dass die Übungen ohne spezielle Vorkenntnisse einfach und unkompliziert umgesetzt werden können – auch im Lehrerzimmer und am Schreibtisch – und dass sie auf unterschiedlichen Ebenen wirken: Plagt der Rücken vom langen Sitzen am Schreibtisch, ist ein kurzes Yogaset vielleicht die richtige Wahl. Ist man während des Schultags permanent außer Atem, hilft eine kurze, aber wirksame Atemübung in der kleinen Pause. Und wer abends nicht abschalten kann, der kommt mit einer Fantasiereise vielleicht endlich zur Ruhe.
Ich wünsche mir, dass die Lehrerinnen und Lehrer mithilfe des Programms ihre Selbstheilungskräfte aktivieren und die vielen Herausforderungen leichter meistern können.
Was ist dein Tipp für Lehrkräfte, damit sie nachhaltig in ihrer körperlichen und seelischen Power bleiben?
So erschöpft wir uns auch fühlen, es ist entscheidend, Lösungen zur Selbsthilfe in uns selbst zu finden: Die Natur hat das wunderbarerweise so in uns angelegt, damit wir in unserer seelischen und körperlichen Power bleiben. Und das funktioniert zum Beispiel wunderbar mit dem Feelings-Check-In, den man überall und jederzeit durchführen kann.
- Wie fühle ich mich gerade?
- Was hat zu diesem Gefühl beigetragen?
- Wie möchte ich mich fühlen?
- Und was kann ich dafür tun?
Danke für das Gespräch und deine Tipps, Mona.
Mit dem Klett Verlag hat Mona das digitale Programm „Selbststärkungsprogramm für Gesundheit und Resilienz“ zur Lehrkräftegesundheit auf den Markt gebracht. |