Eine Geschichte von der Sprache der Welt und der Sprache der Liebe
„Meister, Meister ich sehe die innere Sonne und höre den Klang des Erhabenen.“ „Hast du auch schon die Pferde gefüttert?“, erklang es aus der hinteren Ecke des Raumes. Ein sanftes Lächeln umspielte die Lippen des Schülers und seine Augen strahlten vor Liebe. „Ja“, dachte der Schüler, „er hat Recht, ich habe die Sonne schon immer gesehen, sie nur nicht beachtet, und dem Klang des Erhabenen habe ich so manchen Abend vor dem Einschlafen gelauscht.“ Als der Meister das Antlitz seines Schülers sah, wollte sein Herz zerspringen vor Freude. „Die Götter haben mir einen wahren Schüler gesandt. Sein Herz und sein Verstand verstehen die Sprache der Liebe“, dachte sich der Alte. Die Sprache der Liebe ist eine besondere Sprache, sie ist anders als die Sprache der Welt. Die Sprache der Liebe will verstehen, die Sprache der Welt will besitzen und Recht behalten.
An diesem Morgen kam ein junger Mann, ein Schäfer, hinauf zum Bergfried und wollte ein Yogi und Heiler werden. „Namaste, edler Weiser, ich bin viele Tage gelaufen um euch zu sprechen. Mein Herz brennt vor Verlangen, hier in die Lehre zu gehen, und ich spüre in mir eine tiefe Berufung, eine tiefe Sehnsucht, ein weiser Yogi und Heiler zu werden“, so begrüßte er den Alten. Der Alte tat einen Schritt auf den jungen, hochgewachsenen Mann zu und ließ seinen Blick über ihn in die Ferne von Raum und Zeit gleiten. Der junge Mann war ehrlich in seinem Verlangen, ein guter und ordentlicher Yogi und Heiler zu werden. Die Schafe im Dorf hatte er lange genug gehütet, er fühlte sich zu Höherem berufen. Es war sein Wunsch, für seine Frau und seine Kinder die bescheidenen Lebensumstände zu verbessern und selber ein anerkannter und vielleicht sogar berühmter Heiler zu werden. All dies erkannte der Alte in den Augen des Schäfers.
„Leg dein Bündel ab und komm herein, drinnen wartet ein heißer Tee auf dich, mein junger Freund.“
Sie traten über die Schwelle in die kleine Einsiedelei. Der Tee brodelte im Kessel. Der Alte setzte sich an den Tisch und auch der Neuankömmling nahm Platz. Während beide warteten, stürmte der Schüler des Alten in die Stube und mit ihm der […]