Der Mai steht vor der Tür und somit ayurvedisch gesehen bereits der Sommer. Zeit also für Teil 2 unserer Reihe „Die Doshas und die Jahreszeiten“, in der wir zunächst das Pitta-Dosha bändigen und anschließend unser Agni anfachen wollen.
Sommer gilt als Pitta-Jahreszeit im Ayurveda
Wie bereits im ersten Teil zum Frühjahr und dem Kapha-Dosha angesprochen, bedeutet Gesundheit aus ayurvedischer Sicht, ein Gleichgewicht der drei Konstitutionen Vata, Pitta und Kapha in unserem System herzustellen, und dieses anschließend zu erhalten. Die Konstitutionstypen manifestieren sich im Jahreskreis auf unterschiedliche Weise und je nach Jahreszeit prägt eines der Doshas mehr oder weniger unser Sein. Die Pitta-Jahreszeit dauert nun vom Frühsommer bis in den Mittherbst an und wird im Ayurveda als Zeit der Hitze und Produktivität eingestuft. Darüber hinaus unterscheidet das ayurvedische System zwischen dem frühen Sommer (Grishma-Rtu) im Mai und Juni und dem späten Sommer (Varsha-Rtu) im Juli und August. Jede dieser „Sommerzeiten“ stellt andere Ansprüche an die Regulierung des Pitta-Haushalts. Denn während das starke Verdauungsfeuer zu Beginn des Sommers noch Vitalität und Leistungskraft schenkt, nimmt Agni mit zunehmender Hitze und also im Verlauf des Sommers zusehends ab. Schließlich kann Feuer auch mit kochendem Wasser gelöscht werden, um auf ein Bild aus der Ayurveda-Tradition zurückzugreifen …
Das Pitta Dosha und seine Bedeutung
Neben dem Bewegungsprinzip Vata und dem Stabilitätsprinzip Kapha, markiert Pitta in der Ayurveda-Lehre das Umsetzungsprinzip. Es setzt sich aus den Elementen Feuer (Agni) und Wasser (Jala) zusammen und ist hauptsächlich für die Verdauungs- und Stoffwechselvorgänge im Körper zuständig. Intellektuell treibt Pitta die geistige Aufnahme und Verarbeitung an, weshalb Pitta-Typen auch zu kühnem Strategieverhalten neigen und stets lösungs- und leistungsorientierte Strategien parat haben. Ist jedoch zu viel Pitta vorhanden, können Übersäuerung, Entzündungen, Herz-Kreislauf-Beschwerden und Hauterkrankungen begünstigt werden. Eine zu salzige und saure Ernährung sowie mentale Anspannung oder Aggression und übermäßige Hitze können Pitta zusätzlich anfeuern. In stressigen Situationen neigen Menschen mit ausgeprägtem Pitta-Dosha dazu, in den Angriffsmodus zu wechseln und sich mit Schuldzuweisungen herumzuschlagen. Zudem gehört übermäßiger Perfektionismus, der oftmals in Stress resultiert, zu den Eigenschaften unausgeglichener Pitta-Typen.
Pitta regulieren: 5 ayurvedische Tipps für den Sommer
Der ayurvedische Sommer dauert von Mai bis in den Oktober hinein an. Wir befinden uns nun also am Beginn einer Jahreszeit, in der die Elemente Feuer (Agni) und Wasser (Jala) ins Zentrum rücken und unseren Dosha-Haushalt aus dem Gleichgewicht werfen können. Dein Pitta ist grundsätzlich schon sehr ausgeprägt? Dann solltest du gerade im Sommer gegensteuern. Hier findest du einige einfache Tipps zur Ausbalancierung deines Dosha-Haushalts:
- Früh aufstehen
Im Sommer sind die Tage am längsten. Ebenso wie die Natur nun aktiver wird, können auch wir jetzt an der Verwirklichung unserer Ziele arbeiten und aktiv werden. Auch wenn die Energie nie auszugehen scheint, lohnt es sich dennoch, zeitig ins Bett zu gehen. Wer elektronische Geräte abends frühzeitig ausschaltet, signalisiert dem Körper zu schlafen. Dafür ist es sinnvoll, mit der Sonne aufzustehen und die frühen Morgenstunden für Aktivitäten aller Art zu nutzen, denn der Körper braucht jetzt besonders viel Licht.
- Aktiv & draußen sein
Der Sommer ist prädestiniert für (sportliche) Aktivitäten im Freien! Jetzt verfügt jeder Dosha-Typ über viel Ausdauer. Pittas sollten dabei aber besonders darauf achten, sich nicht zu überhitzen und ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen sowie immer wieder mal den Schatten aufsuchen. Die Hitze in Kombination mit viel Pitta fördert zudem Entzündungen. Im Fall einer solchen lautet die Devise: Gelenke schonen und nur sanft dehnen!
- Roh, frisch & köstlich genießen
Im Frühsommer (Grishma-Rtu): Frisches Obst und Gemüse, Salat und Kohlenhydrate sind jetzt genau der richtige Brennstoff für Pittas. Vor allem kühlende Speisen helfen in der heißen Zeit des Jahres dabei, Pitta zu regulieren. Das heißt, bittere, herbe und süße Lebensmittel haben jetzt Vorrang. Kühlende Nahrungsmittel üben zudem eine aphrodisierende Wirkung aus, was im Frühsommer nicht schaden kann. Zu den saisonalen kühlenden Gemüsesorten im Frühsommer gehören Spinat, Gurke oder Spargel – nicht ohne Grund sind sie alle Teil der orientalischen Liebesküche …
Vor allem ab Juni sollten sich dann auch vermehrt Rohkost und buntes Obst und dafür weniger Fleisch auf dem Teller befinden. Milchprodukte sind in Maßen genossen in Ordnung, sollten jedoch nur einen geringen Anteil der Ernährung ausmachen. Stattdessen dürfen gesunde Öle jetzt auf keinen Fall auf dem Speiseplan fehlen. Auch wenn die Lust darauf eventuell nicht allzu groß ist – die Gelenke sollten auch im Sommer stets gut geschmiert werden. Gesunde Öle unterstützen zudem das Verdauungsfeuer, was mit zunehmender Hitze immer wichtiger für Pitta-Typen wird. Zu den ölig-befeuchtenden Nahrungsmitteln mit Pitta-ausgleichender Wirkung gehören zum Beispiel Ghi, Mandeln, Mangos oder Melonen. Auch mit Gewürzen muss jetzt nicht gespart werden, abgesehen von Hitze erzeugenden Würzmitteln wie Chili, Senf oder Cayennepfeffer.
Im späteren Verlauf des Sommers (Varsha-Rtu) unterstützen dann vorwiegend Lebensmittel mit Bitterstoffen wie Artischocken, Spinat, Rosmarin oder Minze dabei, Pitta zu reduzieren und Agni zu stärken. Sie regen die Stoffwechselprozesse und die Verdauungsorgane Leber, Galle und Bauchspeicheldrüse an. Besonders Honig wird im Ayurveda für seine Agni-stärkende Wirkung hervorgehoben. Ihm wird eine verjüngende, stoffwechselanregende, zellerneuernde und fettverbrennende Wirkung nachgesagt.
- Viel trinken
Auch wenn man meinen könnte, im Sommer kühlten uns eiskalte Getränke ab – Ayurveda empfiehlt auch zwischen Juni und Oktober, Getränke mit Raumtemperatur oder Tee zu trinken. Nicht das Getränk an sich soll kalt sein, sondern seine Inhaltsstoffe stattdessen eine kühlende Wirkung entfalten. So helfen uns Pfefferminze und Minze beispielsweise dabei, unseren Körper abzukühlen und unser Verdauungsfeuer zu entfachen, ohne dabei jedoch den Körper weiter zu erhitzen. Zugleich werden Entzündungen gelindert.
Pitta-Tee Rezept[1]:
1 l Wasser
1 EL zerdrückte oder klein gehackte Pfefferminzblätter
1 EL zerdrückte oder klein gehackte grüne Minzblätter
1 Messerspitze Safranfäden
1 EL natürliches Süßungsmittel deiner Wahl (Honig, Reissirup, Vollrohrzucker, etc)
Lass die Pfefferminz- und grünen Minzblätter im Wasser aufkochen und für drei Minuten ziehen. Nimm den Topf anschließend vom Herd und gib den Safran und das Süßungsmittel dazu. Abgießen und kühl (aber ohne Eiswürfel) servieren.
Auch nährende Getränke wie frische Fruchtsäfte oder Smoothies haben jetzt Hochsaison und kommen nicht nur bei Pitta-Typen als Snack zwischendurch gut an. Sie dienen als Vitalstoff- und Energiespender, ebenso wie die ayurvedische Buttermilch Takra, die aus gequirltem Joghurt hergestellt wird.
Pitta-Takra Rezept[2]
Für 1 Portion am Tag:
¼ TL Kreuzkümmelsamen (Cumin)
¼ TL Koriandersamen
1 TL Ghi
25 g Bio-Joghurt (Vollfettstufe)
100 ml Wasser
1 Prise Steinsalz
Die Kreuzkümmel- und Koriandersamen in einem Mörser zerstoßen. Das Ghi in einem kleinen Topf erhitzen und die angemörserten Gewürze darin anrösten. Anschließend alle Zutaten in einem Mixer verquirlen.
- Verwöhnen lassen
Zu den passenden Ölen für die tägliche Massage gehören das kühlende Kokosöl, das beruhigende Olivenöl, das entzündungshemmende Calendulaöl oder die haut- und nervensystemberuhigenden Öle Sandelholz, Geranie, Neroli und Zypresse. Von den traditionellen äußeren Anwendungen im Ayurveda wirken vor allem kühlende Stirngüsse (mit Buttermilch) beruhigend auf den Pitta-Überschuss sowie Fußmassagen mit Ghi.
Zum Weiterlesen:
Kerstin Rosenberg: Ayurveda & Detox. Reinigende Kuren für freie Tage und das Wochenende. Königsfurt-Urania Verlag, 2018
Kerstin Rosenberg & Ulrike Kienzle: Mit Ayurveda gegen Stress. Rezepte und Anwendungen zur Entschleunigung. Königsfurt-Urania Verlag, 2018
Dr. Suhas Kshirsagar: Leben nach der inneren Uhr mit modernem Ayurveda. Mit der Kraft der Chronobiologie die Gesundheit fördern, Gewicht verlieren, besser schlafen und Stress reduzieren. Riva Verlag, 2019
[1] Das Rezept stammt aus Dr. Suhas Kshrisagar: Leben nach der inneren Uhr mit modernem Ayurveda. Riva Verlag, 2019
[2] Dieses Rezept stammt aus Kerstin Rosenberg: Ayurveda & Detox. Reinigende Kuren für freie Tage und das Wochenende. Königsfurt-Urania Verlag, 2018