Vom rechten Maß beim Atmen – Fortsetzung: Was bewirken Hyperventilationsmethoden?
In meinen Atemtrainings und -ausbildungen werde ich immer wieder gefragt, was es mit jenen modernen Atemmethoden auf sich hat, die mit einer stark intensivierten Atmung einhergehen. Häufig arbeiten ja Praktiken, die unter dem Begriff Breathwork angeboten werden, mit bewussten Hyperventilationsprozessen, manchmal auch in Verbindung mit verlängerten Atempausen, wie zum Beispiel bei der populären und einfach zu übenden Wim-Hof-Methode. Die Einfachheit einer Methode sagt freilich noch nichts darüber aus, ob sie auch heilsam ist oder nicht.
„Ist das gesund für mich?“, werde ich häufig gefragt. „Es kommt ganz darauf an!“, sage ich dann gerne. Damit will ich nicht der Frage ausweichen, sondern denke dabei an die (Atem-)Gesundheit des Fragenden. Beim Atmen ist es nämlich wie bei jeder anderen Körperpraxis auch: Nicht alles ist gut für jeden oder jede. Ich mache mir also grundsätzlich zuerst ein Bild von der CO2-Toleranz meiner Klienten: Ist diese zu niedrig – wie das bei der Mehrheit der Menschen, mit denen ich gearbeitet habe, der Fall ist, ob alt oder jung, Leistungssportler, Yogini oder „Couch-Potato“ – dann sind Hyperventilationspraktiken das Gegenteil dessen, was sinnvoll ist. Ist die CO2-Toleranz jedoch physiologisch vernünftig (also in einem gesunden Bereich), kann man sich ab und an auch auf „Atemabenteuer“ wie die willentliche Hyperventilation einlassen.
Sauerstoffversorgung im Gehirn
Um das besser zu verstehen, müssen wir nochmals den Bogen zum letzten Artikel dieser Serie spannen: Wir haben uns dort ausführlicher mit den physiologischen Wirkungen von Hyperventilation (oder Überatmung, wie man auch sagt), beschäftigt. Das meint ein Atemverhalten, bei dem man ein über die Stoffwechselbedürfnisse hinausgehendes Volumen atmet, mit anderen Worten: mehr als eigentlich notwendig. Das für den durchschnittlichen Erwachsenen Notwendige entspricht dabei einem Volumen von etwa 4–6 Litern pro Minute (das so genannte Minutenvolumen), hier bezogen auf den Ruhezustand. Atmen wir gesund, machen wir dabei etwa 8–12 Atemzüge in der Minute (die so genannte Respirationsfrequenz). Jeder dieser Atemzüge hat dann ein Volumen von ungefähr 400–600 Millilitern.
Wenn wir mehr als das atmen – sei es bewusst im Rahmen einer Atempraxis oder unbewusst im Sinne einer Atemgewohnheit –, kommt es zu einer Reihe von physiologischen Veränderungen aufgrund der Tatsache, dass wir verstärkt CO2 abatmen: Die arteriellen Blutgefäße kontrahieren, Durchblutung und […]