Eine Medizin im Sinne des Yoga betrachtet den Menschen als ganzheitliches System und begegnet Symptomen mit offener Wertschätzung. YOGA AKTUELL über ein Konzept mit Tradition und Zukunft.
Yoga ist ein spirituelles System, das immer den ganzen Menschen im Blick hat. Dieser jahrtausendalte Ansatz findet neuerdings immer mehr Anklang. Selbst in der Schulmedizin erkennt man, dass der Mensch nicht länger als etwas betrachtet werden kann, was aus Einzelteilen besteht, die nicht miteinander in Verbindung stehen. Zu viele Forschungen zeigen, dass Körper, Geist und Seele sich nachweislich wechselseitig beeinflussen. Deshalb ist der Yoga geradezu prädestiniert dafür, Medizinern und Psychotherapeuten eine sinnvolle Ergänzung zu ihren Disziplinen zu liefern.
Auch die Diplompsychologin und Yogalehrerin Christina Wippermann schätzt die umfassende Wirkung von Yoga bzw. „Yogamedizin“. „Für mich basiert Yogamedizin auf einer medizinischen, yogischen Grundhaltung“, sagt sie im Interview. „Indem ich Yoga aus systemischer und hypnosystemischer Perspektive betrachte und diese Ansätze mit meiner yogischen Wissensstruktur vernetze, entstehen in beiden Richtungen einzigartige Synergieeffekte. Diese zeigen wiederum neue Handlungsspielräume für Medizin und Therapie auf.“ Der Prozess der Interaktion zwischen Arzt und Patient aktiviert die Eigendynamik des Selbstheilungsprozesses. „Im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes der Medizin vertrete ich eine therapeutische Haltung der Wertschätzung gegenüber allem, was sich während des Behandlungsprozesses zeigt“, erklärt Christina Wippermann. „So wird das subjektive Erklärungsmodell des Patienten für die Funktionen der Stärken und Einschränkungen seines Organismus berücksichtigt. Ebenso werden Symptome als Informationsquellen wertschätzend betrachtet, um die dahinter liegenden Bedürfnisse zu verstehen.“ Natürlich fordert dies viel vom Patienten. Wem fällt es schon leicht, quälenden Rückenschmerzen oder Ängsten mit Achtsamkeit zu begegnen und sie nicht als Feind, sondern als Information über eine tiefer liegende Ursache zu betrachten?
Den heilen Kern aktivieren
„In der Yogamedizin werden unter Berücksichtigung von Beziehungsdynamiken durch gezielte Setzung von Impulsen auf die Subsysteme des Organismus, d.h. den Bewegungsapparat, das autonome Steuerungssystem und das mentale Steuerungssystem, die Selbstheilungskräfte des Gegenübers aktiviert“, erläutert Wippermann weiter. Eine besondere Rolle spielt dabei die bewusste Atmung, die als äußerst wirksames Ins-
trument eingesetzt wird, um die Dinge entspannter betrachten zu können und mit jenem Teil in uns in Kontakt zu kommen, der hinter dem Symptom liegt und heil ist. „Diesen heilen Kern zu aktivieren und den Organismus auf dieses „Wofür“ auszurichten, […]