Selbstfindung in Indien: Britische Senioren finden nach überstandenem Kulturschock sich selbst und neue Perspektiven
Regisseur John Madden (u. a. „Proof“ und „Shakespeare in Love“) begleitet eine Gruppe von britischen Rentnern, die sich nach ihrem wohlverdienten Ruhestand sehnen, in eine Seniorenresidenz nach Indien. Der filmische Ausflug führt nicht nur in die exotische und kontrastreiche Welt Indiens, sondern auch auf eine knapp zweistündige Selbsterfahrungstour. Dem betagten Publikum wird augenzwinkernd der Spiegel vors Gesicht gehalten, und den jüngeren Zuschauern wird unterhaltsam deutlich gemacht: Für einen Neubeginn ist es nie zu spät. Es ist lediglich etwas Interesse an anderen gefragt.
Das Angebot klingt verlockend: Der junge Sonny (Dev Patel, der in „Slumdog Millionär“ die Titelrolle spielte) wirbt mit einem Flyer für seine exklusive Seniorenresidenz in Jaipur – das Best Exotic Marigold Hotel. Um die ersten Gäste in sein Haus zu locken, übernimmt er die Kosten für die Anreise. Da die Lebenshaltungskosten in Indien ungleich günstiger sind und es dort reichlich Sonne und sonnige Gemüter gibt, lässt sich eine Gruppe pensionierter Briten diese Chance nicht entgehen. Als sich dann jedoch herausstellt, dass sich das Hotel noch im Aufbau befindet, und die Rentner zunächst in einem verstaubten Palast improvisieren müssen, ist die Aufregung anfangs groß. Dennoch entdecken die alten Herrschaften bald, dass dieses Unfertige auch Aufgaben und Herausforderungen mit sich bringt, auf die sie sich einlassen können. Und der liebenswert-chaotische Junghotelier tut alles, damit die älteren Menschen sich weigern zu sterben …
Ein Weg ins Ungewisse
Was der Brite John Madden auf die Leinwand bringt, sind im Grunde relativ gewöhnliche Lebensgeschichten. Evelyn (Judy Dench, in den letzten Jahren u.a. als Chefin von James Bond zu sehen) hat ihren Mann verloren und versucht in Indien nun, auf eigenen Beinen zu stehen. Bisher hat der Gatte ihr alle Entscheidungen abgenommen. Auch für Madge (Celia Imrie) und Norman (Ronald Pickup) soll der Umzug ins Marigold Hotel ein Neuanfang sein; ausgemustert fühlen sich beide noch längst nicht. Und so sind der alternde Ladykiller und das mannstolle Vollweib auf der Suche nach einem neuen Lebenspartner – was für viele komische Momente sorgt. Außerdem dabei: Das ungleiche Ehepaar Douglas (Bill Nighy) und Jean (Penelope Wilton) sowie die grantige Ex-Haushälterin Muriel (Maggie Smith), die von ihren Arbeitgebern einfach durch eine jüngere Kraft ersetzt wurde und sich im Best Exotic Marigold Hotel eigentlich nur von einer Hüft-OP erholen will, sowie der pensionierte Richter Graham (Tom Wilkinson), der mit dem Indientrip eine lange verdrängte Lebenslüge korrigieren möchte.
Für sie alle beginnt mit dem Antritt der Reise ein Weg ins Ungewisse, der sie bald vor ungeahnte Herausforderungen stellt. Aber auch Hotelier Sonny hat mit familiären und finanziellen Problemen und für seine Liebe zu kämpfen. Dabei kommen ihm die Erfahrungen und die Weisheit seiner Senioren-Gäste zugute. Das dem Film zugrunde liegende Drehbuch von Ol Parkers basiert auf dem Roman „These Foolish Things“ von Deborah Moggach.
Exzellente Darsteller
Das exzellente Ensemble, das einige der besten Schauspieler Großbritanniens vereint, bringt die hier aufeinanderprallenden Lebensgeschichten und Entwürfe in allen ihren individuellen Nuancen hervorragend und lebensnah zum Ausdruck. Alle Darsteller geben ihren Figuren Charme und Tiefe. Die vielen neugewonnenen Erkenntnisse der Hotelgäste und der mühsame Weg dahin sind oft komisch und manchmal auch traurig oder gar tragisch, in beiden Fällen berührend und authentisch.
The Best Exotic Marigold Hotel ist ein Film, den man mit einem lachenden und einem weinenden Auge sieht. Er vermittelt viel Lebensweisheit und zeigt auch, wie die Begegnung mit indischer Kultur und Mentalität den Horizont erweitert und das Herz öffnet.