Ausgleichend, entspannend und sinnlich – Mariengras und sein Räucherduft werden als sehr wohltuend wahrgenommen. Das Gras wurde und wird von den indigenen Einwohnern Nordamerikas als Ritual- und Medizinpflanze stets sehr geschätzt und war in Europa einst der Göttin Freya geweiht.
„Halte das Bündel an deine Nase. Nimm den Duft von honigartiger Vanille wahr, der sich über den Geruch von Flusswasser und schwarzer Erde erhebt. In unserer Sprache heißt es „wiingaashk“, das duftende Haar von Mutter Erde. Atme es ein, und du beginnst dich an Dinge zu erinnern, von denen du nicht wusstest, dass du sie vergessen hast.“
Robin Wall Kimmerer, Geflochtenes Süßgras
Mariengras bzw. Sweet Grass ist eine wundervolle Räucherpflanze, die – zusammen mit Tabak (Nicotiana), Sage (Artemisia) und Cedar (Juniperus, Thuja) – zu den wichtigsten und heiligsten Ritualpflanzen der indigenen nordamerikanischen Bevölkerung gehört. Es wurde früher aber auch in Europa für rituelle Zwecke genutzt. Der liebliche Duft des getrockneten Grases wird durch den Inhaltsstoff Cumarin herbeigeführt, das auch dem Waldmeister oder dem Steinklee ihr besonderes Aroma verleiht.
Der botanische Gattungsname Hierochloe ist aus den altgriechischen Worten hierós (dt. heilig) und chloé (abgeleitet von chloros = grün) zusammengesetzt, der Artname odorata spielt hingegen auf das angenehme Aroma der Pflanze an – sprich: „wohlduftendes, heiliges Gras“. Da die im alten Europa einstmals der Göttin Freya geweihte Pflanze nach dem Einzug des Christentums zur Verehrung der Jungfrau Maria eingesetzt wurde, wird sie in Europa zumeist Mariengras genannt, in Nordamerika sind Sweet Grass und Vanilla Grass die geläufigen Namen. Das Wildvorkommen der Pflanze erstreckt sich über weite Teile von Asien, Nordamerika und Europa, wo sie bevorzugt auf nassen Wiesen sowie am Flussufer gedeiht. Allerdings ist das Mariengras sehr selten und in der Natur nur schwer zu finden, zumal es vor Ausbildung der Blüte anderen Grasarten zum Verwechseln ähnlich sieht. Wer sich für die Pflanze interessiert, kann sie aber problemlos selbst kultivieren oder sich im Räucherhandel einen fertigen Räucherzopf besorgen. Zu beachten ist jedoch, dass die aus Nordamerika importierten Sweet-Grass-Zöpfe oft von einer dort heimischen Unterart stammen, nämlich von Hierochloe odorata subsp. odorata, deren Blätter nicht nur länger sind als die des heimischen Mariengrases, sondern aufgrund höherer Cumarin-Konzentrationen auch etwas anders duften. Eine in Europa häufiger vorkommende Süßgras-Spezies, die sich aufgrund […]