Der Vermittler zwischen Menschen und Göttern.
Stellen Sie sich ein typisch deutsches Kaffeekränzchen vor. Ein Anthropologe aus einer uns fremden Kultur könnte es folgendermaßen beschreiben: „Bei diesem Ritual handelt es sich um die kollektive Einnahme von zwei berauschenden und bewusstseinsverändernden Substanzen (Nikotin und Koffein). Auffallend ist deren stimulierender Effekt auf den Redefluss der Teilnehmer, der dem gegenseitigen Austausch von Neuigkeiten in heiterer Gelassenheit gilt. Ich konnte auch die psychohygienische, gruppentherapeutische Wirkung des Erzählens und Anhörens von leidvollen oder erfreulichen Erlebnissen beobachten.“
Der Brauch ist nicht mehr mit einem spirituellen Inhalt verknüpft, dennoch ist die Verbindung zu Ritualen in anderen Kulturen offensichtlich.
Der Gebrauch des Tabaks als Heil- und Ritualpflanze ist vermutlich so alt wie die Menschheit selbst. Er wird für seine mannigfaltige Wirkweise in vielen Kulturen hoch verehrt. Die Nutzung erfolgt zu hedonistischen und / oder spirituellen Zwecken, wobei der hedonistische (altgr. genüssliche) Gebrauch, folgt man den Ausführungen von W. Cremer (Literatur siehe Info), den indigenen Völkern vor 1700 n. Chr. unbekannt war. Stellen wir die spirituellen Aspekte ins Zentrum unserer Betrachtung, begegnet uns eine mächtige Heiler- und Lehrerpflanze mit hohem therapeutischen Potenzial. Anthropologische Aufzeichnungen aus Nord- und Südamerika sowie aus Afrika enthalten die profundesten Beschreibungen zur rituellen Verwendung. Die Ausführungen in diesem Artikel beziehen sich auch auf unsere eigenen Erfahrungen, die wir im nord- und südamerikanischen Schamanismus gesammelt haben.
Verschiedene Arten des Tabakgebrauchs
Das Rauchen und Räuchern (Riechen, Paffen, Inhalieren) ist die wohl beliebteste Methode, bei der der Wirkstoff direkt in die Schleimhaut des Mundes oder der Lungen aufgenommen wird. Beim Kauen und Schnupfen (Lutschen, Inhalieren) des Krautes ist die Ausbeute an berauschenden und stimulierenden Alkaloiden etwa ebenso hoch wie beim Trinken und Klistieren (Schlucken und Einsaugen, anales Einspritzen). Des Weiteren sind Auflegen und Auftragen (Pflastern und Befeuchten) und das Ritzen und Spritzen (Einreiben und Injizieren) sowie Augentropfen und Nasensprays bewährte Applikationsmethoden, um die Wirkstoffe des Tabaks in den Körper zu bringen.
Naturheilkundliche Verwendung
Die Bandbreite der Verwendungsmöglichkeiten als Heilmittel ist schier unerschöpflich, weil diese Pflanze quasi zur schamanischen Hausapotheke gehört. Hier einige wichtige Anwendungen: als Brech- und Abführmittel, zur Desinfektion, bei Mundwinkelrhagaden (entzündliche Einrisse der Mundwinkel) und Geschwüren der Haut, zum Abtöten von parasitären Hautwürmern, bei Hautflechten und Hautpilzen, zur Wundheilung, bei Zahnschmerzen, als Magentonikum, bei Kopfschuppen, als […]