Warum sexuelle Fantasien in der Begegnung zwischen Yogaunterrichtenden und Yogaschülern in keinem einzigen Augenblick zugelassen werden sollten, und warum es so wichtig ist, sich darüber ganz grundlegend im Klaren zu sein.
Übersetzung: Nina Haisken
Berichte von sexuellen Übergriffen durch Yogalehrer legen ein bezeichnendes Missverständnis des Wesens von Yoga offen, das dem gesamten populären Yoga als solchem innewohnt. Im Verlauf dieser Übergriffe fragt sich das Opfer oft, ob sie Teil des Yoga sind. Und diese Verwirrung ist symptomatisch. Die Betroffene hat sich nicht nur durch jemanden verwundbar gemacht, der vorgibt, mehr über Yoga zu wissen als sie – jemanden, der sie über die Grenzen der Sozialisierung hinaus zu führen verspricht, hin zu einer außergewöhnlichen Beziehung zu ihrem Körper –, sondern ihre vage Vorstellung davon, was das bedeutet, ist bereits durch sensationsheischende Auffassungen von Yoga und Sexualität verzerrt. In dieser höchst unklaren Situation ist es möglicherweise gefährlich schwer für sie, zu erkennen, dass ihr Lehrer noch verwirrter ist als sie.
Hatha-Yoga, der Yoga des Körpers, ist zutiefst sinnlich. Er beinhaltet die kontinuierliche Öffnung der Sinne für das vollständige Spektrum der verkörperten Daseinserfahrung. Seine Methode besteht darin, die Atemkräfte an der Basis der Wirbelsäule zu sammeln und sie durch rhythmische und oft stoßartige Bewegungen des Beckens nach oben zu ziehen. Die erotische Natur dieser Bewegungen dürfte kaum Zufall sein. Sie sind darauf angelegt, unsere vorzüglichsten Impulse zu erwecken, darunter auch diejenigen, die unsere Sexualität bilden. Der Punkt ist jedoch, dass es nicht um die Befriedigung dieser Impulse geht, sondern darum, ihre psychologische Ladung freizusetzen, und diese dann für die Transformation des Bewusstseins zu nutzen.
Dieses Unterfangen ist genauso gefährlich, wie es klingt. Wenn wir unsere schöpferischen Impulse wecken, gehen wir das Risiko ein, von ihnen überwältigt zu werden und uns in der Tyrannei unserer Begierden zu verlieren. Die traditionellen Texte machen dies recht deutlich. Wenn wir Hatha-Yoga praktizieren, spielen wir mit dem Feuer. Und wir verbrennen uns, wenn wir keine klare Wahrnehmung davon haben, was wir tun.
Die tiefen gesellschaftlichen Wurzeln der Problematik
Wie die besorgniserregende Welle von Anschuldigungen zeigt, die in letzter Zeit gegenüber bekannten Yogalehrern erhoben wurden, haben wir uns als Gemeinschaft nicht ausreichend gegen die psychologischen Gefahren der Praxis gewappnet. Viel zu viele unserer Lehrer – […]