Soll Yoga wirklich olympisch werden? Ob die Umsetzung dieser kürzlich aufgekommenen Idee wünschenswert ist, erörtert unser Berliner Autor Mathias Tietke, der bei der Sommer-Olympiade in London vor Ort war
Keine Frage, der olympische Gedanke, die Jugend dieser Welt im fairen, sportlichen Wettstreit zu vereinen und den Frieden zu fördern, ist etwas Gutes. Doch die olympischen Spiele der Neuzeit haben auch Schattenseiten: Dopingvorfälle, Korruption, Terroranschläge und eine zunehmende Kommerzialisierung. Bei den olympischen Spielen in London in diesem Jahr war zudem viel Medienschelte gegenüber jenen Sportlern zu vernehmen, die keine Goldmedaillen erringen konnten. Die Kommentare und Interviews waren oft von Patriotismus und Leistungsdruck geprägt.
Passt Yoga in dieses von Wettkämpfen geprägte Großereignis Olympische Spiele? Sollen sich Yogaschulen nun weltweit auf das Präsentieren von Höchstleistungen im Bereich Körperhaltung sowie auf das olympische Höher-Schneller-Weiter ein- und umstellen? Lässt sich Yoga überhaupt auf das fixe Aneinanderreihen fortgeschrittener Asanas vor einer Jury und einem zahlenden Publikum reduzieren? Steht nicht gerade Yoga dem Leistungsdenken und Wettkampfgedanken im Kern und Wesen diametral gegenüber? Braucht die Welt internationale Yoga-Battles?
Im März diesen Jahres berichtete Spiegel-Online in einem Video-Beitrag von der Initiative amerikanischer Wettkampfyoginis: „Extrementspannung: Yoga soll olympisch werden“ hieß der Beitrag. Und in der kurzen Kommentarzeile unter dem Video war und ist zu lesen: „Weltweit sind die Anhänger von Sonnengruß und herabschauendem Hund auf dem Vormarsch. Aus den USA kommt nun die neueste Yoga-Offensive. Die Disziplin für Disziplinierte soll olympisch werden!“
In dem zweiminütigen Video selbst plädieren Bikrams Frau Rajahshree Choudhury und die ehemalige Tänzerin sowie Titelverteidigerin der amerikanischen Yogameisterschaft, Afton Carraway, dafür, dass Yoga als Disziplin bei den Olympischen Spielen anerkannt wird. Im Hintergrund ist mehrfach das Logo „USA yoga“ zu sehen. Aus meiner Sicht ist es geradezu bezeichnend, dass USA groß geschrieben wird und Yoga klein …
Passenderweise ist in dem Beitrag unter anderem auch von „Verrenkungen“ die Rede. Dies ist angesichts der Filmaufnahmen von Yogis auf einer Bühne mit den Füßen hinter dem Kopf und im einarmigen Pfau verständlich. Wieder einmal werden die Klischees von den „Verrenkungen“ des „Trend- und Markensports“ Yoga voll bedient. Erstaunlich ist, dass Rundrücken (Hyperkyphose) und gestauchter Nacken in den Haltungen in New York zu keinem Punktabzug führten. Aber es war ja auch nur ein nationaler Wettbewerb. Angesichts der eigentlichen Intentionen des […]