Werner Tiki Küstenmacher, Jahrgang 1953, verheiratet, drei Kinder, wohnt in Gröbenzell bei München. Gelernter evangelischer Pfarrer (seit 2006 im Ehrenamt) und Journalist. Seit seiner Kindheit ununterbrochen als Karikaturist tätig. Hat bis heute über 100 Bücher veröffentlicht. Das etwa 70. davon wurde ein Weltbestseller: „simplify your life. Einfacher und glücklicher leben“, erschienen 2001. Inzwischen ist simplify.de eine riesige Website zum Thema Lebensvereinfachung, und Tiki ist regelmäßiger Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks („Evangelische Morgenfeier“, „Auf ein Wort“). Er gehört zu den 100 meistgebuchten Rednern in Deutschland und wurde 2009 in die „Hall of Fame“ der German Speakers Association aufgenommen.
Interview
Stress war früher an und für sich eine gesunde Reaktion. Sind wir heute noch Situationen ausgesetzt, in denen wir im ursprünglichen Sinne auf Stress reagieren? Wenn ja, welchen?
Gern wird mit einem konstruierten Urmenschen argumentiert, nach dem Motto: Früher mussten wir gegen Säbelzahntiger und Mammuts kämpfen. Da wurden diese Stressmechanismen noch wirklich gebraucht, aber heute haben wir es nur noch mit vergleichsweise läppischen Gefahren zu tun. Das glaube ich nicht. Unser Säugetiergehirn, das limbische System, entwickelt heute die gleichen berechtigten Emotionen wie in der frühen Steinzeit. Kinder haben Angst vor dem Lehrer, Erwachsene sind wütend auf ihren Chef oder zornig über ihren Partner. Das ist alles berechtigter, echter Stress.
Welche Situationen sind im Gegensatz dazu ungesund?
Nicht die Situation ist ungesund, sondern unser Gefühl der Ausweglosigkeit. Die Lösung liegt darin, eine höhere Toleranz gegenüber unangenehmen Menschen und Situationen zu entwickeln, die so genannte Resilienz. Dazu gehört die simple Frage: Lässt sich das, worüber ich mich gerade so aufrege, überhaupt ändern? Viele Menschen sind furchtbar wütend über ihre Vergangenheit: Wie ihre Eltern sie behandelt haben, was man in der Schule mit ihnen gemacht hat, dass sie die falsche Ausbildung gewählt haben. Da muss man cool und verstandesmäßig sagen: „Schluss damit, das ist Schnee von gestern, da kann ich nichts dran machen. Ich will nach vorne blicken.“
Ist es möglich, den eigenen Stress zu reduzieren, noch bevor wir krank werden?
Ja, unbedingt. Etwa indem Sie sich trauen, aus einer belastenden Situation herauszugehen, die so genannte „kleine Flucht“. Wenn Sie subjektiv gestresst oder genervt sind, sich mit jemandem streiten oder blinde Wut in Ihnen aufsteigt: Gehen Sie aus […]