Der Islamkenner und Autor Marian Brehmer sprach mit YOGA AKTUELL über seinen persönlichen Weg zur islamischen Mystik, den Geist des Sufitums jenseits eindimensionaler Definitionen sowie die gelebte spirituelle Essenz einer Religion und eines Kulturraums, von denen oft ein falsches Bild vermittelt wird.
Der Sufismus lädt uns auf eine abenteuerliche Reise zu uns selbst ein. Die größten Reichtümer erwarten uns dabei dort, wo wir sie am wenigsten vermuten.
Kein Poet hat sich so unmittelbar in die Herzen spirituell suchender Menschen geschrieben wie der persische Mystiker und Sufi Rumi, dessen Todestag sich dieses Jahr zum 750. Mal jährt. Ich persönlich bin immer wieder tief berührt von seinen Texten und Aussagen. So war es mir eine große Freude, als ich in der Türkei zufällig Marian Brehmer traf. Marian hat Iranistik und persische Literatur in Berlin, Teheran und Istanbul studiert. Er lebt in Istanbul und hat sich jahrelang in die Spiritualität der Sufis und in Rumis Lehre vertieft. Als wir einander begegneten, war sein Buch Der Schatz unter den Ruinen. Meine Reisen mit Rumi zu den Quellen der Weisheit gerade im Herder Verlag erschienen. Ein sehr persönliches und gleichzeitig informatives Buch, das mich von der ersten Seite bis zum Schluss begeisterte.
Rumi liebte es, in Metaphern zu sprechen. Eines seiner Lieblingsbilder ist der Schatz unter der Ruine. Marian beschreibt in seinem Buch, dass dieses Bild aus dem Leben gegriffen ist, da Reichtümer im Mittelalter gerne dort versteckt wurden, wo niemand sie vermuten würde: in Ruinen oder unter den Resten verfallener Häuser. Laut Rumi verhält es sich genauso mit uns Menschen: Alle Freude, alles Glück, alle Reichtümer, nach denen wir uns im Außen so sehnen, sind in uns selbst angelegt. Wir aber glauben, dass sie woanders sind. Anstatt in uns selbst zu suchen, hetzen wir mit der Bettelschale durchs Leben. Rumi fordert uns hingegen auf, innezuhalten, und das „Haus“ unserer Gedanken, Gewohnheiten, Gelüste und eingefahrenen Verhaltensmuster abzureißen und den Schatz, der unter den Ruinen liegt, endlich freizuschaufeln, ihn anzunehmen und aus ganzem Herzen zu leben. Diese Metapher erläutert Marian in seinem Buch und nimmt uns mit auf seine Reise zu den Quellen des Sufitums.
INTERVIEW
YOGA AKTUELL: Ich würde gerne auf den Begriff „Sufismus“ eingehen. Woher stammt dieses Wort, und warum […]