Ein Interview mit dem französischen Yogalehrer Philippe de Fallois über das Leben seines ungewöhnlichen Lehrers Nil Hahoutoff, früherer Präsident der weltweit einzigen Yogagewerkschaft, sowie Ballettänzer und Resistance- Kämpfer im Zweiten Weltkrieg, über Yoga in Frankreich, amerikanischen Trademark-Yoga im Vergleich zu europäischem Yoga und die essenziellen Aufgaben eines authentischen Yogalehrers
Mathias Tietke: Monsieur de Fallois, seit wann praktizieren Sie Yoga und was hat Sie veranlasst, damit zu beginnen?
Philippe de Fallois: Im Alter von zwanzig Jahren begann ich mit Yoga. Das ist fast 37 Jahre her. Ich habe Yoga an der Universität, wo ich Mathematik studierte, entdeckt. Der Yoga hat mich gleich berührt, denn er ist strukturiert. Wir brauchen Strukturen. Ohne sie kann man im Leben nicht voranschreiten. Und Yoga ist strukturiert und strukturierend. Während des Studiums, das mich nicht sonderlich interessierte, gab es Zeiten, in denen ich bis zu zehn Mal die Woche Yoga übte. Wenn man Yoga zu üben beginnt, hat man immer Gründe dafür, sofort sichtbare oder verborgene.
Für jedes Individuum gibt es einen Weg, der geprägt ist von Begegnungen, die niemals zufällig sind. Man muss die Begegnungen, die das eigene Leben zu ändern vermögen, erkennen. Yoga war für mich etwas, das mich zutiefst veränderte und mir geholfen hat, klarer zu sehen. Das Leben, so wie es ist, braucht Klarheit und Orientierungen. Was mich besonders begeistert hat, war die Art und Weise, wie Nil Hahoutoff uns Yoga vermittelte. Dieser Mann repräsentierte Yoga geradezu. Er sprach nicht nur darüber, sondern lebte ihn auch. Sein eigenes Beispiel war sehr überzeugend, seine angenehme Art, sein Verständnis, seine Art, Themen mit erstaunlichem Unterscheidungsvermögen zu bearbeiteten. Dieses Unterscheidungsvermögen konnte die vielfältigen Verwirrungen entwirren. Yoga gab mir in vielen Bereichen Klarheit. Das ist, was mich zu dieser Disziplin geführt hat, die weiterhin mein Leben ausfüllt. Yoga ist ein dynamischer Motor, der mich weiterhin strukturiert, offen in alle Richtungen.
M.T.: Wie kamen Sie in Kontakt mit Nil Hahoutoff und haben Sie auch andere Stile ausprobiert?
Ph. deF.: Die Tradition von Nil Hahoutoff basiert auf der Tradition des Jnana-Yoga, welche vom Meister an den Schüler weiter gegeben wird. Ich kam mit ihr in Kontakt, als ich Student war und indem ich Yogaunterricht bei einem seiner Schüler nahm. Dann habe ich Nil Hahoutoff selbst kennen […]