Interview mit Dr. Vaidya Jeevan, Berliner Ayurveda-Mediziner und -Chirurg, über Potentiale und Besonderheiten des Ayurveda, Unterschiede zwischen Deutschland und Indien und einen wünschenswerten Wandel im Gesundheitssystem.
Dr. Jeevan ist einer der qualifiziertesten und erfahrensten Lehrer auf dem Gebiet des Ayurveda in Deutschland. Seine siebeneinhalbjährige klassische Ausbildung an dem berühmten Coimbatore Ayurveda College in Verbindung mit ausgiebigen Sanskrit- und Yogastudien verleihen ihm ein umfassendes Wissen in dieser ganzheitlichen Heilkunde.
Nach langjähriger, intensiver Lehrtätigkeit am renommierten Ayurveda College in Coimbature nahm Dr. Jeevan die Herausforderung an, ausländische Studierende am College zu unterrichten. Sechs Jahre lang arbeitete er als Arzt im Ayurveda-Krankenhaus in Coimbature und wurde dann zum Oberarzt für Allgemeinmedizin ernannt. In Deutschland eröffnete er 1997 das „Ayurveda Care“. Im Gesundheitszentrum „Sonne und Mond“ in Berlin leitet er gemeinsam mit Alexander Peters die Ayurveda-Ausbildung.
Julia Johannsen: Herr Jeevan, was ist für Sie das Geheimnis des Ayurveda?
Dr. E.P. Jeevan: Man kann viele Bücher studieren, doch das Geheimnis des Ayurveda liegt in der Erkenntnis des Abwägens. Wie viel Potenz von der Heilkraft des Wassers oder der Kräuter braucht der einzelne Mensch? Wie viel Hitze oder Kälte braucht er, wie viel von was ist gut für ihn oder nicht? Dieses Maß zu finden und zu erkennen ist die Aufgabe des Ayurveda-Therapeuten.
J.J.: Was bedeutet Ayurveda für Sie und für Ihr tägliches Leben?
E.P.J.: Ich studiere Ayurveda, seit ich 17 Jahre alt bin, und das wird mein ganzes Leben andauern. Für mich ist es bedeutsam, Ayurveda als medizinisches und präventives System weiter zu entwickeln. In Deutschland habe ich das „Ayurveda Care“ eröffnet, eine Institution, die es sich zum Ziel gesetzt hat, Ayurveda im In- und Ausland bekannt zu machen.
J.J.: Sehen Sie einen Unterschied in der Praxis des Ayurveda zwischen Deutschland und Indien?
E.P.J.: In Indien und Deutschland gibt es andere Krankheiten und die Art der Behandlung verläuft etwas anders. In Deutschland arbeitet man auf einem tieferen Level, um die Krankheit ganz zu verstehen. In Indien muss man sich nicht so sehr um die mentale Ebene kümmern, weil innerhalb der indischen Gesellschaft vieles von selbst geregelt wird. In Deutschland arbeiten wir mehr mit dem Individuum. Die Umstellung der Essgewohnheiten spielt hier eine große Rolle, denn vielen Menschen ist nicht wirklich bewusst, was sie essen, […]