Percy Johannsen ist vielen als SUP-Yogi und als Gründer des Namasté-Festivals bekannt. Im Gespräch mit YOGA AKTUELL erzählt er von seinem Yogaweg, der ihn von Bryan Kest zum Raja-Yoga und schließlich auf die sommerlichen Wellen des Ammersees führte, und davon, wie ihm Yoga in einer Zeit tiefer Trauer geholfen hat.
Percy Johannsen ist ein Meister des SUP-Yoga und im Sommer auf allen Festival-Seen im In- und Ausland anzutreffen. Er ist außerdem Organisator des jährlichen Namasté-Festivals, einer der größten und unkompliziertesten Yogaveranstaltungen im süddeutschen Raum, und ein authentischer, ehrlicher, nahbarer Mensch. Er leitet Retreats, organisiert Reisen und bildet in seinem Yogastudio in Herrsching am Ammersee Yogalehrer aus – auf Wunsch auch auf dem Paddleboard. In seinem gerade erschienenen Buch „Yoga unlimited“ (Kailash) erzählt der fünffache Vater von seinem bewegten Leben mit und ohne Yoga.
Interview
YOGA AKTUELL: Percy, dein Buch, das jetzt gerade auf den Markt kommt, heißt: „Yoga unlimited. Feiere dein Leben immer und überall“. Wie und wo hast du gefeiert, bevor du zum Yoga gekommen bist?
Percy Johannsen: Ich war Produktionsleiter beim Fernsehen, bei MTV. Da war fast der ganze Job eine einzige Party. Eine Zeit lang hat mir das Spaß gemacht – aber wie es dann eben so ist: Es reicht nicht. Es ist nicht wesentlich. Eine Weile war ich auch noch Betriebsratsmitglied, während MTV und VIVA fusionierten. Als meine Frau Diana schwanger war, bin ich 2007 erst mal befristet ausgestiegen. Zwei Jahre später – Diana war wieder schwanger – dann ganz.
Ihr seid von Berlin, wo MTV seinen Sitz hatte, nach Bayern gezogen: an den Ammersee, der heute dein Lebensmittelpunkt ist. Warum hierher?
Meine große Tochter Sina aus einer früheren Beziehung lebt in der Gegend. Ich selbst bin als Kind adoptiert worden und wollte wieder näher zu ihr. Als ich noch in Berlin gewohnt habe, bin ich alle zwei Wochen zu ihr nach Bayern gependelt, und das sollte dann auch mal ein Ende haben.
Was hat dich zum Yoga gebracht?
Nach dem Bodybuilding-Training bin ich im Fitness-Studio, wie ganz viele, zum Stretchen noch in eine Yogastunde gegangen. Ich wollte gelenkiger werden und wurde ruhiger. Die Initialzündung war für mich aber Bryan Kest. Eine Freundin hat mich in Berlin zu ihm mitgenommen. Danach war ich so was von angefixt. Der Typ kam in den Raum, rülpste, furzte und redete erst mal drei Stunden lang. Glücklichsein war sein Thema. Ich habe mich so verstanden gefühlt. Dann hat er uns üben lassen, und danach war ich völlig platt. Bis dahin dachte ich, dass ich fit bin (lacht). Am nächsten Tag bin ich gleich wieder hin. Und dann war für mich ziemlich schnell klar, dass ich mich zum Yogalehrer ausbilden lassen möchte.
Wo hast du deine Ausbildung gemacht?
Eigentlich wollte ich sie bei Bryan machen. Oder bei Spirit Yoga in Berlin. Gelandet bin ich dann in Freising bei Sommerland, wo auch meine Mutter in den Yogaunterricht ging. Es war alles so völlig anders als in den Studios, die ich aus Berlin kannte. Er unterrichtete traditionellen Yoga, also Raja-Yoga, und die Leute übten auf Schaffellmatten. Es war genau das Richtige für mich, traditionell, ganzheitlich, mit viel Herz. Die Ausbildung ging über drei Jahre, einmal im Monat ein Wochenende. Das ist eine gute Zeit, denn nach einigen Jahren beginnt das Gelernte richtig zu wirken, und man kann Yoga in den Alltag integrieren.
Dein Buch handelt ja auch davon, wie man Yoga in den Alltag integrieren kann. Ich nehme an, bei der Integration geht es dir um mehr als um Armbewegungen auf dem Bürostuhl?
Es ist ein angewandtes Praxisbuch, das zeigen will, wie man das, was uns Yoga an Mitteln und Methoden gibt, im Alltag anwenden kann, um gelassener und glücklicher zu werden. Wie man besser mit den Herausforderungen des Lebens klarkommen kann. Dazu stelle ich Übungen vor, die in bestimmten Situationen im Leben hilfreich sein könnten und die mir in meinem Leben, von dem ich in „Yoga Unlimited“ erzähle, geholfen haben.
Eine sehr berührende Geschichte ist die von deinem Kind Zara, das tot geboren wurde.
Das war die erste Nacht in unserem neuen Haus in Andechs. Ich bin in dieser Nacht aufgewacht, weil ich plötzlich heftige Schmerzen hatte. Als meine Frau Diana am nächsten Morgen aufstand, hat sie gesagt: „Irgendetwas ist anders.“ Dann gingen die Wehen los. Unsere Tochter kam tot zur Welt. Später haben wir erfahren, dass sie wohl gestorben ist, als ich diesen Schmerzanfall hatte. Ihr Tod hat uns noch tiefer im Yoga verwurzelt, und wir haben in einer neuen Tiefe erfahren, dass Yoga tatsächlich nicht nur auf der Matte stattfindet. Yoga hat mir in dieser Zeit, in der die Übergewalt des Todes einem den Atem nimmt, so viel Kraft gegeben. Ich habe erlebt, wie stark einen Yoga im Alltag tragen kann.
Welche der Yoga-Methoden hat dir in dieser Zeit ganz besonders geholfen?
Ich habe viel mit Mantras gemacht. Das hat mich klar werden lassen, das war wie ein Channeling, durch das ich Ansagen bekam, was ich tun soll, um mit Zaras Tod besser umgehen zu können. In meinem Buch erkläre ich, wie man Mantras anwenden kann, beziehungsweise wie sie mir geholfen haben. Es muss ja auch nicht immer ein Sanskrit-Mantra sein. Wenn man 108-mal „Ich bin ruhig“ wiederholt, hat das auch eine Wirkung.
Dein spiritueller Name lautet Shakti, wie die weibliche Urkraft. Wie bist du dazu gekommen?
Durch meinen Lehrer. Er sagte: „Du hast deine männliche Seite ausgiebig gelebt.“ Erst dachte ich: „Das geht ja gar nicht. Aber jetzt gehe ich mit dieser Energie um und sehe es als meine Aufgabe.“
Außer mit der Shakti verbindet man mit dir auch SUP-Yoga, als dessen Pionier man dich in Deutschland bezeichnen kann. Was hat dich auf das Brett gebracht?
Wenn man am Ammersee ein Yogastudio hat, hat man im Sommer ein Problem. Die Leute sind am See, nicht im Studio. 2010 habe ich Carsten Kurmis, das Urgestein der Münchner Surferszene, auf einem Brett auf dem See stehen sehen. Ich habe sofort begriffen, dass mein Sommerproblem gelöst ist. Am Anfang haben alle gesagt: „Percy, das ist ein Scheiß, das hat mit Yoga nichts zu tun.“ Es hat drei Jahre gedauert, dann waren wir mit dem SUP-Yoga in allen Zeitungen. Und jetzt bin ich im Sommer immer auf dem See. Das pure Glück! Der See. Die Sonne. Die Alpen. Ois OM.
Was würdest du sagen, um was geht es tatsächlich im Leben?
Um das bedingungslose Sein. Ich weiß nicht, ob ich das Morgen erlebe, also lebe ich jetzt, so gegenwärtig wie möglich. Und ob ich glücklich bin, dafür bin ich selbst verantwortlich.
Du bist auch verantwortlich für das Namasté-Festival, das Ende Juni erneut stattfand. Gibt es schon neue Projekte oder Pläne?
Wir nehmen uns mit unseren Kindern gerade eine Auszeit in Tamera, schauen uns diese Polyamorie-Lebensgemeinschaft an. Mal sehen, was sonst noch kommt. Wir sind offen und gehen dorthin, wo die Energie uns hinführt. So ist Shakti: frei, liebevoll, spontan und direkt.
Infos
Zum Weiterlesen:
Percy Johannsen: Yoga unlimited. Feiere dein Leben immer und überall, Kailash Verlag 2016