Pierre Stutz war Jugendseelsorger und katholischer Priester, heute ist er Autor und spiritueller Lehrer. Mit YOGA AKTUELL sprach er darüber, was es bedeutet, sein ureigenes Leben zu führen, und wieso das alles andere als einfach ist.
Pierre Stutz, geboren 1953, ist Autor und spiritueller Lehrer aus der Schweiz. Mit 20 Jahren trat er als Novize in den Orden der Frères des Ecoles Chrétiennes ein. Er studierte Theologie, arbeitete später u.a. als Jugendseelsorger und war Mitbegründer eines „offenen Klosters“. Nach 17 Jahren als Priester legte er sein Amt nieder, um seine Homosexualität leben zu können. Anne Voigt sprach mit ihm für YOGA AKTUELL über seinen Weg aus dem von ihm durchlebten Burn-out und über die Widersprüchlichkeit des Lebens.
Interview
YOGA AKTUELL: Sie sind ein Filmfreak. Sie können Filmszenen, in die Sie sich verliebt haben, 50-mal anschauen. Angenommen, jemand würde einen Film über Ihr Leben drehen, wie müsste der Titel lauten?
Pierre Stutz (lacht): Das fängt ja schon gut an. Spontan kommt mir in den Sinn: Leidenschaftlich gelassen. Wie kann ich mitten im Leben stehen? Wie engagiere ich mich für eine zärtlichere Welt? Und wie kann ich sicherstellen, dass ich mich dabei nicht verliere? Das sind so meine Lebensthemen. Ich mag diese Spannung zwischen Leidenschaft und Gelassenheit. Es gibt Leute, die sagen: „Entweder ist man gelassen oder leidenschaftlich. Beides zusammen geht doch nicht.“ Und dass es doch gehen kann, zeige ich gerne auf und übe ich auch selbst ein.
Ihnen gefällt sehr der Film „Timbuktu“, der die Situation in Mali 2012 schildert. Islamisten dringen in Timbuktu ein und verbieten den Menschen dort alles: Das Lachen auf öffentlichen Plätzen, Musikhören und auch das Ballspielen. In einer Szene des Films spielen Jugendliche Fußball ohne Ball. Und für Sie ist das ein Moment, der zeigt, wie Menschen in Würde ihren Weg gehen können. Haben Sie ein Beispiel dafür aus Ihrem Leben?
Eines ist sicher: dass ich mein Priesteramt niedergelegt habe, um endlich ganz zu mir zu stehen. Eben auch zu meiner Sehnsucht, einen Mann lieben zu können. Das zentrale Thema für mich und sicher auch für viele Menschen ist, nicht in der Opferrolle stecken zu bleiben. Wenn wir im Leben Rückschläge erfahren oder massiv infrage gestellt werden, gilt es sich zu verbünden. Das fasziniert […]