Sharon Gannon praktiziert seit 1976 Yoga und tat dies weltweit bei vielen Lehrern, insbesondere bei Shri Brahmananda Saraswati, Swami Nirmalananda, Shri K. Pattabhi Jois, Swami Shankarananda, Shyam Das und Bhagavan Das. Zusammen mit David Life begründete sie Jivamukti Yoga, einen der populärsten Yogastile der Gegenwart.
Interview
YOGA AKTUELL: Praktizieren Frauen Yoga auf eine andere Art als Männer?
Sharon Gannon: Ich weiß nicht, wie es sich anfühlt, als Mann Yoga zu machen. Ich kenne nur meine eigene Erfahrung im Bezug auf Yoga.
Was ist denn das Spezifische an Frauen und Yoga, aber auch an Frauen und Spiritualität?
Eine Sache, die mir in den Sinn kommt, ist, dass man stets mehr Frauen als Männer in Yogastunden antrifft. Das bedeutet also, dass Frauen allgemein interessierter an Yoga-Übungen in Klassenräumen sind als Männer. Ich kann nur spekulieren, was die möglichen Gründe dafür sind – Frauen sind vielleicht mehr daran gewöhnt, engen physischen Kontakt in Gruppen zu haben, wie zum Beispiel einem Fitnessstudio oder einer Tanzstunde. Männer mögen vielleicht auch ins Fitnessstudio gehen, um dort an den Maschinen zu trainieren, oder im Park allein joggen, aber sie sind nicht so stark geneigt, in einem Raum mit lauter Fremden zu trainieren. Männer sind, was ihren Körper betrifft, selbstbewusster als Frauen. Männer sind auch wettbewerbsverliebter als Frauen, wenn es darauf ankommt, physische Stärke zu zeigen.
Was können Frauen erwarten, wenn sie in deine Yogastunde kommen?
Ein tiefgehendes Verständnis der Körper-Seele-Verbindung. Eine ausgeweitete Idee davon, was es heißt, einen physischen Körper zu haben und zu leben. Der Körper ist nämlich nicht nur eine Maschine, die sich in Form bringen lässt. Der Körper ist ein Gebilde aller unserer ungelösten Beziehungsprobleme. Bei Yoga handelt es sich um die älteste bekannte Form der Psychotherapie. Wenn wir in einem bestimmten Asana Enge oder Schmerz empfinden, so ist der Grund dafür psychologischer Natur: Es lässt sich dann zurückverfolgen auf bestimmte schwierige und ungelöste Erfahrungen, die wir mit gewissen Personen hatten. Yoga eröffnet uns die Möglichkeit, in aller Ruhe darüber nachzudenken, anzuerkennen und zu vergeben und mit unserem Leben weiterzumachen. Die Asanas erlauben uns, ein tiefes, freies physisches Gefühl von „ja“ zu erfahren – aber das kommt von einer tiefen seelisch-emotionalen Freiheit.
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