Der bekannte Yogalehrer Sriram im Gespräch über Yoga für Kinder: Warum philosophische Themen nicht allein Erwachsenen vorbehalten sind und welche Erfahrungen er beim Yogaunterricht für Kinder in Indien machte
Sind alle Kinder gleich, egal ob in Indien oder in Deutschland geboren? Der indische Yogalehrer Sriram, der seit vielen Jahren sowohl in Indien als auch in Deutschland lebt, kennt wie kaum ein anderer Yogalehrer die beiden Kulturen. Im Interview mit YOGA AKTUELL erklärt er, worin für ihn der Unterschied zwischen den Kindern beider Nationen besteht, und was das für den Yoga-Unterricht mit ihnen bedeutet.
Interview
YOGA AKTUELL: Dein neues Buch, das du zusammen mit Kornelia Becker-Oberender geschrieben hast, lautet: „Yoga für Kinder und Jugendliche“. Was war dein Anliegen dabei?
R. Sriram: Noch bevor ich mich für Yoga interessierte, begeisterte ich mich für Kindererziehung. Die Pädagogik und die freie Erziehung, das alles sind sehr spannende Themen. Ich selbst bin sehr streng erzogen worden. Ich war in einer katholischen Schule und habe sehr unangenehme Erfahrungen hinsichtlich meiner eigenen Erziehung gemacht. Deshalb habe ich mir immer sehr viele Gedanken darüber gemacht, wie Erziehung im Guten sein kann. Später habe ich in der Krishnamurti-Schule in Chennai Yoga unterrichtet. Für mich war es eine tolle Erfahrung, in einer Schule Yoga zu unterrichten, in der die Kinder frei erzogen wurden.
Du lebst seit vielen Jahren teilweise in Indien und teilweise in Deutschland und hast somit einen tiefen Einblick in beide Kulturen erhalten. Gibt es für dich einen maßgeblichen Unterschied zwischen indischen und deutschen Kindern?
Für mich liegt der größte Unterschied in der Bedeutung der Familie. Für indische Kinder ist die Familie das Allerwichtigste. Natürlich bedeutet für die Kinder hier die Familie auch sehr viel, aber so gesehen, ist die Familie in Indien sehr viel mehr als das, was sie hier ist, auch im Kopf eines Kindes. Das indische Kind geht davon aus, dass die Eltern und Geschwister lebenslange Faktoren im eigenen Leben sein werden. Natürlich kommen andere Faktoren dazu, wie zum Beispiel der Ehepartner, Kinder oder Freunde. Aber die Familie ist eine feste Konstante. Dieses Wissen hat natürlich den Vorteil, dass es einem Kind einen ungeheuren Schutz vermittelt vor dem Gefühl der Vereinsamung in der Welt. Andererseits weckt es nie den Drang, auszubrechen, um das zu […]