Welche Rolle spielt Besitzdenken auf dem spirituellen Weg? Angesichts der Finanzkrise stellt sich die Frage, wie die Gier nach Besitz zustande kommt und was aus spiritueller Sicht dazu zu sagen ist. YOGA AKTUELL hat den Yoga Vidya-Gründer Sukadev Bretz, die spirituelle Lehrerin Chameli Gad Ardagh und den Benediktiner und Zen-Meister Willigis Jäger zu dem brisanten Thema befragt.
Besitzen wir alle nicht viel mehr, als wir brauchen? Produzieren wir dadurch nicht schon lange viel zu viel Müll? Müll, der unser Ökosystem überlastet. Und nun sollen wir immer weiter konsumieren, einkaufen, was das Zeug hält, um unser kriselndes Wirtschaftssystem zu retten. In unserer Kultur des Habenwollens, in der wir uns definieren über „mein Auto“, „mein Haus“ oder „meine Kleidung“ genügt schon eine vom Staat lancierte Abwrackprämie, um unsere Konsumzurückhaltung wieder aufzugeben. Da der Staatstopf mit der Prämie begrenzt ist, werden die Autohändler nun überrannt von Kaufwilligen, Menschen auf Schnäppchenjagd. Wie umweltfreundlich ist es aber, wenn nun tausendfach funktionstüchtige Autos abgewrackt werden und unsere Müllberge vergrößern?
Wo führt das hin, wenn alles immer weiter wächst, weil wir immer mehr haben wollen, immer größer werden wollen, ohne an die Folgen zu denken. Und je mehr wir besitzen, desto größer wird auch unsere Angst vor dem Verlust. Auch das Wettbewerbsdenken im Beruf, in der Wirtschaft und zwischen den Nationen treibt uns in das „immer mehr“. Dieser Wettbewerb macht uns krank, lässt uns ausgebrannt, leer und isoliert fühlen. Stressbedingte Krankheiten nehmen zu und viele der davon Betroffenen finden irgendwann in eine Yogaschule, auf der Suche nach Linderung und Lebenssinn.
Natürlich hat das Wettbewerbsdenken auch vor der Yogaszene nicht halt gemacht. Wie das Magazin Focus im Februar schrieb, ist Yoga in Deutschland heute ein Wirtschaftszweig mit einem geschätzten Jahresumsatz von 500 Millionen Euro. Das Konkurrenzdenken zwischen Yogalehrern und Yogaschulen wächst und bringt immer wieder neue Yogastile hervor. In vielen Yogastudios locken Boutiquen mit Outfits, Matten, Kissen und Schmuck zum Konsum.
Was hat das noch mit den Ursprüngen von Yoga zu tun, mit der asketischen Lebensweise der indischen Yogis? Wie finden wir unseren Weg trotz Konsumterror und Konkurrenzdruck? Ein Yogi geht normalerweise nicht den Weg des Besitzes. Traditionell steht Besitzlosigkeit am Anfang des spirituellen Pfades. Sie fördert das Zurückziehen der Sinne und den Blick nach Innen. In der […]