Ein Interview mit OM C. Parkin. Der Weisheitslehrer OM C. Parkin über aus dem Fluss geratene Lebensweisen, Entschleunigung, Zerstreuung statt Intensität und das heilsame ‚Loch‘, dem man sich in der Meditation stellen muss.
Michael Gleich: In manchen Restaurants gehört es zum guten Ton, zum drei-gängigen Menü von Stunde zu Stunde die Lautstärke höher zu drehen. Obwohl alle Gäste da sind, um zu schlemmen und miteinander zu reden. Warum so viel Lärm?
OM C. Parkin: In einem Wort: Stimulation. Die Sinne, das Nervensystem und der Geist werden stimuliert. In sehr vielen Menschen ist das Bedürfnis nach Reizen von außen so stark, dass man getrost von einer Sucht sprechen kann. Und ein Merkmal jeder Sucht ist es, dass die Dosis gesteigert werden muss. Die Menschen empfinden solche Stimulation nicht als Lärm, sondern als eine Intensivierung ihres Lebensgefühls. Das, was sie dagegen als Stille bezeichnen, hat für sie den Anschein von etwas Totem.
Haben Menschen also Angst vor der Stille?
Sie haben Angst vor dem Nichts, vor der Leere. Letztlich steckt die Angst vor dem Tod dahinter. Ich kannte einen jungen Mann, der in der Stadt sehr unter dem Lärm und Stress dort gelitten hatte. Er zog aufs Land, um es dort äußerlich und innerlich ruhiger zu haben. Aber dann passierte etwas Unerwartetes: Er empfand die Stille als unerträglich, als ein tiefes, dunkles Loch. Sein Umzug endete damit, dass er nächtelang vor dem Fernseher saß, um dieses Loch irgendwie zu stopfen. Er sagte: „Ich wollte Stille – aber doch nicht so.“ Damit beschrieb er ein Phänomen, das viele erleben: Sie sehnen sich nach innerem Frieden, aber wenn ihnen die äußeren Stimulanzien entzogen werden, erleben sie das wie einen Drogenentzug. Sie sind nicht wirklich vorbereitet auf das, was ihnen dann begegnet.
Ist unsere gesamte Gesellschaft süchtig, wird es lauter in Deutschland?
Durch neue Unterhaltungstechniken und elektrische Geräte haben wir viel mehr Möglichkeiten, Räume zu beschallen, als vor der Industrialisierung. So gibt es heute tatsächlich mehr Lärm. Gleichzeitig beschleunigen sich alle Lebensabläufe. Pro Zeiteinheit verdichtet sich die Zahl der Reize immer weiter. In Singapur und anderen Metropolen hat sich innerhalb von zehn Jahren die durchschnittliche Laufgeschwindigkeit von Passanten um bis zu 30 Prozent erhöht. Eine Spirale des „Schneller – Höher – Weiter“ kennzeichnet die […]