Gautama Siddharta saß in tiefer Meditation versunken unter einer Pappelfeige, als er den Zustand eines Buddha, eines Erwachten erreichte. Und auch in der Genesis spielen Bäume eine wichtige Rolle, allen voran der Baum des Lebens. Dem Wald werden seit jeher wundervolle Effekte auf das Gemüt und die Gesundheit nachgesagt. Ob beim Wandern oder Meditieren – wer Zeit im Wald verbringt, fühlt sich danach meist sichtlich besser als zuvor. Diesen Effekt bewusst zu stärken und den Wald als Ort der Heilung und Kräftigung zu nutzen – darum geht es beim Waldbaden.
Shinrin Yoku – Gesundheitstrend aus Japan
Das Konzept des Waldbadens stammt aus Japan. Dort wurde der positive Effekt des Waldes auf den Menschen lange Zeit studiert, überprüft und schließlich so ernst genommen, dass die Shinrin Yoku genannte „Waldmedizin“ sogar als wissenschaftliche Disziplin Einzug in japanische Universitäten hielt. Die Experten und Waldbadenden sind sich einig: Der Wald wirkt sich messbar positiv auf den Menschen aus und es findet auf wundersame Weise Heilung statt. In den Wäldern Japans entstanden bereits spezielle Kurzentren, darüber hinaus stehen sogar eigens angelegte Therapiewälder zum Waldbaden zur Verfügung.
Waldbaden im Alpenraum
So weit sind wir in Mitteleuropa zwar noch lange nicht, doch auch in den heimischen Wäldern lässt es sich gut „baden“. So verbreitet sich das Wissen um das wohltuende Baden im Wald auch im deutschsprachigen Raum stetig: Von Fastenwandern, über Meditationsworkshops im Wald bis hin zu spezifischen Waldbaden-Seminaren finden Naturverbundene ein wachsendes Angebot vor der eigenen Haustüre vor. Wald gibt es schließlich genug. In Deutschland, Österreich und der Schweiz steht uns dahingehend ein unendlicher Schatz zur Verfügung, den wir kostenlos und jederzeit zu unserem Vorteil nutzen können.
Terpene und Co. – Die Wirkung des Waldes
Die Wirkung des Waldes ist laut japanischer, wie auch heimischer Experten enorm. Verantwortlich dafür sind vor allem die Duftstoffe des Waldes, die so genannten Baumterpene. Bereits ein kurzer Besuch im Wald steigert unsere Abwehrkräfte beachtlich. Studien belegen zudem, dass schon ein Tag im Wald den Anteil unserer natürlichen Killerzellen für die folgenden zwei Wochen um bis zu 40 Prozent erhöht – während zwei Tage im Wald doppelte Wirkung zeigen sollen. Darüber hinaus kurbeln die wertvollen Terpene des Waldes die Produktion der Herzschutzsubstanz DHEA an und zerstören Krebszellen nachweislich.
Ein Besuch im Wald, egal ob man nur dasitzt, spaziert, joggt oder radelt hat immer eine wunderbare Wirkung auf uns. Und doch kann man mit verschiedenen Übungen die beeindruckende Heilkraft des Waldes deutlich intensivieren. Davon ist auch Ulli Felber überzeugt. YOGA AKTUELL hat die österreichische Waldbaden-Trainerin und Buchautorin zum Interview getroffen.
YOGA AKTUELL: Ulli, seit deinem ersten kleinen Büchlein „Das Glück in Ladakh“ hat sich viel getan. Unter anderem hast du dich seither ganz dem Waldbaden verschrieben und auch bereits dazu ein Übungsbuch herausgebracht. Wie bist du zum Waldbaden gekommen und wann hast du damit begonnen, dich für die Kraft des Waldes zu interessieren?
Ulli Felber: Tja, seit dem „Glück in Ladakh“ (Yangla Press, 2015 – Anm. d. Red.) hat sich wirklich sehr viel in meinem Leben getan. (lacht) Ich habe mich in der Zeit ja auch noch mit meiner Werbeagentur selbstständig gemacht. Dann habe ich natürlich auch mein Projekt „Hilfe für Ladakh“ stetig weiter ausgebaut und dieses Jahr habe ich dem ganzen dann noch die Krone aufgesetzt und geheiratet – das hat mich im Endeffekt selbst ein bisschen überrascht. (lacht) Zum Waldbaden hat mich eigentlich mein ganzes Leben langsam hingeführt. Zur Natur und vor allem zum Wald habe ich schon immer eine starke Verbindung gespürt und Waldspaziergänge gehörten schon lange bevor ich wusste, was Waldbaden eigentlich ist, zum festen Bestandteil in meinem Leben. Ich bin aber auch in einer sehr naturverbundenen Familie groß geworden. Schon wenn ich als Kind ausnahmsweise einmal gelangweilt oder grantig, nachdenklich oder traurig war, oder wenn ich einmal gerade nichts mit mir anzufangen wusste, hat meine Mutter immer gesagt: „Geh einfach in den Wald“. Ich wohnte bis vor kurzem sozusagen auch direkt im Wald. Im Garten meines kleinen Häuschens in Graz besuchten mich zu meiner Freude des Öfteren Rehe und andere Wildtiere. Ich habe dort unter meinem Lieblingsbaum auch schon immer gerne meditiert. Als ich dann auf das japanische Konzept von Shinrin Yoku gestoßen bin, bei Clemens G. Arvay über den „Biophilia Effekt“ gelesen habe und auch noch meine Lehrerin, die Waldpädagogin Mag. Almut Moshammer getroffen habe, war mir spätestens klar, dass ich den Weg des Waldes gehen möchte.
In letzter Zeit hast du dich, wenn ich so sagen darf, dem Thema Waldbaden nun völlig verschrieben. Dein erstes Waldbaden-Buch mit dem Titel „Waldbaden – das kleine Übungsbuch für den Wald“ kam im März dieses Jahres heraus. Worum ging es dir dabei?
Zunächst einmal darum, mir selber ein kleines Büchlein für meine Walderkundungen an die Hand zu geben, mit einfachen aber effektiven Übungen. Als ich anfing, mich in das Thema einzulesen, merkte ich schnell, dass es zwar bereits einiges an Literatur dazu gab, diese aber meist auf theoretischer Ebene bleibt. Was ich wollte, waren jedoch konkrete Übungsanleitungen. Darüber hinaus war es mir auch ein großes Anliegen, mit diesem kleinen Büchlein zu zeigen, dass wahrlich jeder waldbaden kann und es dafür keine besonderen Vorkenntnisse oder Voraussetzungen braucht. Du brauchst dafür kein Yogi oder Hippie sein. (lacht) Mit dem Waldbaden ist es nämlich so ähnlich wie mit dem Yoga. Der Wald und seine stärkende Energie und Kraft steht jedem offen, der sich darauf einlassen möchte. Ich habe also versucht, es so einfach und unkompliziert wie möglich anzugehen und auszuformen. Ich denke, was dabei herauskam ist ein praktisches, nützliches und schönes Büchlein, das noch dazu gut in die Hosentasche passt. Das Format war mir nämlich auch wichtig. Mein kleines Werk kann ganz einfach mit in den Wald kommen – zumindest ich trage es im Wald immer bei mir. (lacht)
Wer um deine Produktivität weiß, lässt sich nur allzu gerne von der energetisierenden Wirkung des Waldbadens überzeugen. Nun ist seit September auch dein zweites Buch zum Thema erschienen. Worum geht es dabei?
Ja, das Buch ist im September erscheinen. Ich habe mich für die Schreibarbeiten wieder einige Zeit zurückgezogen, um ganz mit mir, meinen Gedanken und der Natur zu sein. Das zweite Buch beschäftigt sich mit dem Waldbaden im Jahreskreis. Es ist um einiges umfangreicher und größer als das Erste und taucht auch tiefer in das Thema ein. Ich habe das Pferd sozusagen von hinten aufgezäumt. Erst habe ich die praktischen Übungen geliefert und jetzt schiebe ich die Theorie hinterher. Waldbaden im Jahreskreis beschäftigt sich aber darüber hinaus, wie der Name schon sagt, mit unseren unterschiedlichen Jahreszeiten und der jeweils verschiedenen Wirkung des Waldes auf unseren Organismus und unser Wesen. Dabei hat jede Jahreszeit, ob Frühling, Sommer, Herbst oder Winter ihren ganz eigenen Charme und der Wald zeigt so viele unterschiedliche Gesichter. Natürlich gibt es im neuen Werk auch wieder spezifische Übungen zum Waldbaden für jede Jahreszeit. Darüber hinaus liefert das Buch aber auch Rezepte aus der Waldküche und spannendes Hintergrundwissen über unsere heimischen Bräuche und Rituale.
Welche Jahreszeit bevorzugst du persönlich zum Waldbaden?
Das ist wirklich schwierig zu beurteilen. Wie ich schon sagte, wohnt jeder Jahreszeit ihre ganz eigene Magie inne. Ich liebe es, im Frühjahr durch den Wald zu spazieren und zu beobachten, wie die Natur überall um mich herum sprießt, wächst, gedeiht und alles wieder langsam zum Leben erweckt. Aber eigentlich mag ich auch die stillen Momente im winterlichen Wald. Man meint manchmal, alles um einen herum sei eingeschlafen, eingefroren und tot. Aber wenn man ganz genau hinsieht und gut zuhört, merkt man bald, wie viel auch im Winter passiert. Ich mag es, diesem ganz heimlichen Zauber des Waldes auf die Schliche zu kommen
Du bildest zurzeit auch aus. Was kann man sich unter so einer Ausbildung zum Waldbadentrainer vorstellen?
Ja, ich biete in diesem Jahr zum ersten Mal auch eine Ausbildung zum Waldbadentrainer an. Bisher habe ich mein Wissen und meine Begeisterung für das Thema in vereinzelten Workshops geteilt. Viele der Teilnehmer wollten jedoch mehr. Es kamen auch immer wieder Pädagoginnen und Pädagogen zu meinen Terminen, die sehr an einer Ausbildung interessiert waren. Sie wollten auch ihren Schülern das Waldbaden näherbringen. Es gibt nichts Schöneres für mich, als dieses uralte Wissen um die Heilkraft des Waldes weiterzugeben. Manchmal werde ich gefragt, ob man denn überhaupt eine Anleitung braucht, um in den Wald zu gehen. Die braucht man natürlich nicht. Der Wald tut immer seine Wirkung. Wer sich ganz bewusst auf ihn einlässt, kann sich selbst leiten und auch intuitiv von ihm leiten lassen. Mit gezielten Übungen kann man das Ganze aber natürlich noch verstärken und dabei helfe ich gerne. Die Ausbildung, die ich anbiete, gliedert sich in zwei Module, die aufeinander aufbauen. Inhaltlich beschäftigen wir uns während dieser zwei Wochenenden unter anderem mit theoretischen Themen wie Waldkunde oder dem Forstgesetz. Aber natürlich gibt es auch jede Menge praktischer Übungen und pädagogisch wertvolle Tipps in Sachen Gruppenanleitung oder zur Entwicklung von Workshopinhalten. Es versteht sich von selbst, dass wir die meiste Zeit im Wald verbringen.
Du engagierst dich sozial, arbeitest als selbstständige Texterin, schreibst Bücher und bildest zum Waldbadentrainer aus – eine wahre Tausendsasserin. Darf man fragen, was als Nächstes auf deiner Agenda steht?
Für mich fühlt sich das gar nicht nach so viel an, aber jetzt wo du es so aufzählst – vielleicht sollte ich mir mal eine kleine Pause gönnen (lacht). Nein, im Ernst. Ich meditiere gerne und viel. Das gibt mir, neben dem Waldbaden ganz viel Energie. Ich leite jetzt seit ein paar Monaten auch einen Meditationskurs in einem neuen Zentrum für ganzheitliche Gesundheit, in der Nähe von Graz. Dort biete ich auch einmal wöchentlich Waldbaden-Termine an. Das heißt, ich gehe mit einer kleinen Gruppe in den Wald, wo wir dann verschiedene Übungen machen, Waldmandalas legen oder unter einem Baum gemeinsam meditieren. Abgesehen von der Ausbildung organisiere ich weiterhin einzelne Wochenend- oder Tagesworkshops zum Thema Waldbaden, schließlich will ja nicht jeder gleich eine Ausbildung machen. Viele möchten die positiven Effekte des Waldes auch einfach privat nutzen. Es schwirren viele Pläne in meinem Kopf herum, ich bin mir noch nicht sicher, auf welchen ich mich als nächstes stürze. Ich habe irgendwann aufgehört zu viel zu planen und zu weit nach vorne kontrollieren zu wollen. Aber höchstwahrscheinlich wird es auch nächstes Jahr wieder eine Waldbaden-Ausbildung geben und am Bücherschreiben habe ich in den letzten Jahren auch immer mehr Gefallen gefunden.
Ulli Felber lebt und arbeitet in Graz. Sie ist Inhaberin von BlaBla Werbetext und Konzept, Waldpädagogin in Ausbildung sowie Waldbadentrainerin und schreibt Bücher. Seit 2011 leitet sie das von ihr ins Leben gerufene Hilfsprojekt „Hilfe für Ladakh“. Verbinde dich mit Ulli Felber auf Facebook oder erfahre mehr auf www.waldwelt.at.
Bücher von Ulli Felber:
„Waldbaden – das kleine Übungsbuch für den Wald“
„Waldbaden im Jahreskreis“
„Das Glück in Ladakh“