Bernie Clark ist ein international gefeierter Yin-Yoga-Lehrer. Im YOGA-AKTUELL-Interview schildert er seinen ungewöhnlichen Weg zum Yoga, erklärt anschaulich, was die Meridiane mit den Faszien zu tun haben, und spricht über die Individualität der menschlichen Anatomie.
Bernie Clark liebt es, neue Dinge zu lernen, und das, was ihn fasziniert, auf verständliche und leicht nachvollziehbare Weise mit Menschen zu teilen. Der studierte Physiker verbrachte die ersten Jahrzehnte seines Lebens damit, aus wissenschaftlicher Perspektive zu verstehen, wie die Welt funktioniert. Seit über zwanzig Jahren unterrichtet er Yin Yoga, und er hat das Interesse an Wissenschaft wunderbar mit dem an Spiritualität vereint. Wir sprachen mit dem Kanadier über seinen Yogaweg, die Entstehungsgeschichte des Yin Yoga, die Illusion des idealen Alignments und darüber, warum die Meridiane so lange unentdeckt geblieben sind.
You can find the English version HERE.
INTERVIEW
YOGA AKTUELL: Bernie, du meditierst und praktizierst Yoga jetzt schon seit Jahrzehnten. Damals begann deine Praxis mit der Meditation. Wie hat sich deine Yogareise gestaltet?
Bernie Clark: Wenn wir Yoga nicht nur als die Asana-Praxis, sondern als den nach Patanjali beschriebenen achtgliedrigen Pfad verstehen, dann begann meine Reise mit dem fünften Glied – mit Dhyana, der Meditation. 1977 arbeitete ich im Vertrieb eines großen Unternehmens. Es war ein sehr stressiger Job, ich war vierundzwanzig Jahre alt und hatte das Gefühl, auszubrennen. Ich fragte also den Manager meines Managers, wie er mit Stress umging, und er entgegnete mir, dass er täglich meditiert. Da er mir nicht sagte, was für eine Art von Meditation er praktizierte, kaufte ich mir einfach irgendein Buch über Meditation, das sich dann als Buch über Zen-Meditation herausstellte.
Zwanzig Jahre lang beschäftigte ich mich mit Zen-Meditation, allerdings las ich nur darüber, ohne einen Lehrer an meiner Seite zu haben. Es gibt eine Geschichte darüber, wenn man nur über Zen liest: Es ist, wie eine Speisekarte zu lesen, wenn du hungrig bist. Du kannst eine wundervolle Speisekarte lesen, aber es wird dich nicht sättigen. Und dann legst du die Speisekarte zur Seite, gehst zu einem anderen Restaurant, liest dessen Karte, hast aber immer noch Hunger. So stellte sich also heraus: Ich habe zwanzig Jahre lang viele Speisekarten gelesen, so dass es dann endlich Zeit für einen Lehrer und einen Sangha war. […]