Der Neurobiologe Prof. Gerald Hüther ist durch seine Bücher auch über die wissenschaftliche Community hinaus bekannt. YOGA AKTUELL sprach mit ihm darüber, wie sich der Lockdown auf Kinder ausgewirkt hat, und wie man ihnen jetzt zur Seite stehen kann.
Der Lockdown ist vorbei, und das „normale“ Leben kehrt zurück. Doch tut es das wirklich? Wir Menschen sind während der letzten Monate durch viele fordernde Prozesse gegangen. Prof. Gerald Hüther beleuchtet in diesem Interview, wie wir uns jetzt gegenseitig unterstützen können, um wieder zueinanderzufinden.
Interview
YOGA AKTUELL: Die Folgen des Lockdowns werden sich auf allen Ebenen erst nach und nach zeigen. Ich würde den Blick hier gerne auf die Kinder und Familien richten. Welche Empfehlungen haben Sie als Neurobiologe: Wie können Eltern ihre Kinder jetzt dabei unterstützen, wieder zurück ins Leben zu finden?
Prof. Gerald Hüther: Die jetzige Situation ist in etwa vergleichbar mit dem Ausbruch eines Brandes. Wenn man bemerkt, dass es brennt, wird die Feuerwehr geholt. Dass es dabei im ersten Moment um die Löschung geht und dabei auch schon mal Kinderzimmer überschwemmt werden, ist logisch. Der Brand ist wichtiger als alles andere. Aber jetzt, nach diesen vielen Monaten, müssen wir uns angesichts dieses lange andauernden Schwelbrands folgende Fragen stellen: „Brennt es hier überhaupt? Ist die jetzige Situation für die ganze Gesellschaft gefährlich? Oder haben wir uns hier in eine Situation verrannt, aus der wir jetzt nicht wieder herausfinden, weil wir etwas für einen Brand gehalten haben, das möglicherweise nur ein Schwelbrand gewesen ist?“
Aber so eine Fehleinschätzung kann natürlich sehr leicht passieren, wenn neue Methoden verfügbar werden, um etwas zu messen, was bis dahin nicht messbar war. In diesem Fall ist das die durch die PCR-Tests möglich gewordene Nachverfolgung der Ausbreitung eines Virus in der Bevölkerung.
So etwas war bis vor zwei Jahren nicht möglich. Dafür gab es keine Messverfahren. Wenn eine Epidemie auftrat und sich auszubreiten begann, haben wir die Erkrankten gezählt, sie, so gut es ging, behandelt und gegebenenfalls isoliert. Niemals vor Corona haben sich die Mediziner und Gesundheitspolitiker um diejenigen gekümmert, die mit dem Erreger dieser Erkrankung ebenfalls in Kontakt gekommen waren, aber ohne davon krank zu werden. Jetzt ist den Experten der fatale Fehler unterlaufen, dass sie eine Krankheit mit dem Vorhandensein […]