In der Rubrik „Yogawelt“ haben wir vor Kurzem darüber berichtet: Sezai Coban, ganzheitlicher Bewegungstherapeut und Autor u.a. des Buches „Mein Medikament Yoga. Stabil und selbstbestimmt leben mit Yoga“, hat mit einem kassenlizensierten Präventivprogramm Entspannung und Bewegung an Schulen im Bodenseeraum gebracht (vgl. YOGA AKTUELL Heft 115).
Schon in der Pilotphase stieß er auf durchweg positive Resonanz. Der Anfang ist gemacht, und natürlich soll es weitergehen. Schließlich belegen Studien, dass Schüler zunehmend unter Stress stehen und unter dessen Folgen ähnlich leiden, wie wir es auch als Erwachsene kennen – ein guter Grund, gegenzusteuern.
Die Gemeinschaftsschule Schreienesch in Friedrichshafen will das Programm, das den vielsagenden Titel „PEP – Positive Energy Project“ trägt, nun auch langfristig übernehmen.
„Die Auswirkungen des ganzen Programms sind absolut positiv. Ich sehe Lehrer, die entspannter und glücklicher sind. Die Schüler berichten, dass sie gelassener sind und mehr Selbstvertrauen und Konzentration erlangen. Dies wirkt sich auch fördernd auf ihre schulischen Leistungen aus“, sagt Schulleiter Kai Nopper über Sezai Cobans Programm.
Wir haben Sezai gefragt, worin es genau besteht, welche Erfahrungen er an den Schulen konkret damit gemacht und warum diese Art von Präventivangebot so wichtig ist.
Kurzinterview
YOGA AKTUELL: Kannst du kurz umreißen, welches Anliegen du mit PEP verfolgst?
Sezai Coban: Mit dem Präventionsprogramm „PEP“ habe ich humanistische Ziele und ich bin sehr dankbar für das hohe Interesse und die Wertschätzung seitens der verantwortlichen Akteure. Unser gemeinsames Anliegen ist es, ZAI-YogaⓇ und die weiteren Inhalte des „PEP” als Baustein in den Schulalltag zu implementieren und Organisationsstrukturen zu schaffen, aus denen alle Beteiligten im Schulsetting einen Nutzen erzielen und förderliche Resultate erhalten können.
An welche Altersgruppen / an welche Schulklassen richtet sich dein Programm? Inwiefern sind die Lehrer mit einbezogen?
Ursprünglich war dieses Präventionsprogramm für Teenager im Alter von 13–17 Jahren und für Erwachsene (Pädagogen) konzipiert. Nach sehr konstruktiven Gesprächen mit der GKV und entsprechenden Anfragen der Schulen sind nun im „Setting Schule” alle Personen an Bord. Es gibt laufende Kurse für Schüler ab der Grundschulförderklasse (ca. 6 Jahre), Grundschüler der 1. bis 4. Klasse und Teenager der 6. bis 9. Klasse sowie für Pädagogen und Mitarbeiter aus dem Ganztagsbereich. Momentan gibt es wöchentlich drei laufende Fortbildungsreihen für die Lehrenden und Mitarbeiter aus dem Ganztagsbereich und zusätzlich eine Multiplikatorenschulung. Der persönliche Einsatz und das Interesse an Prävention und Gesundheitsförderung sind sehr vorbildlich hier an der Gemeinschaftsschule Schreienesch in Friedrichshafen am Bodensee.
Worin bestehen die Übungen des „PEP“-Programms im Einzelnen?
Das „PEP“ bietet einen vielseitigen Kompetenzerwerb und spricht seine Teilnehmer auf verschiedenen Ebenen an. Angefangen mit ausgewählten und bewährten Atem- und Körperübungen aus dem Hatha-Yoga, werden je nach Bedarf auch Wissen und Übungen zur emotionalen Regulation, für Selbstwahrnehmung, Sensorik und Feinmotorik sowie Gruppenübungen und Sozialtraining übermittelt und angeboten. Das Programm beinhaltet differenzierte Übungen, holt seine Teilnehmer dort ab, wo sie stehen, und fördert sie.
Welche Feedbacks hast du von den Teilnehmern bekommen?
Ich bin sehr dankbar für die Rückmeldungen und gleichzeitig auch begeistert davon. Ich stehe oft da und sage: „Wow!” Sowohl die Schüler als auch die Pädagogen geben mir mit ihren Feedbacks sehr viel Motivation und bestätigen unsere gute Absicht und den Bedarf zu 100%.
Ein Teenager gab z.B. folgende Rückmeldung:
Auch Eltern- und Erziehungsberechtigte schreiben mir auf meinen Social-Media-Kanälen und sprechen mich im Alltag an. Eine Mutter zeigte mir auf ihrem Handy, wie ihr Sohn, ein Teilnehmer aus dem Pilotprojekt, Atemübungen und den herabschauenden Hund machte.
Nach den Pilotprojekten läuft das “PEP” jetzt, in einem noch größeren Umfang, an einer weiteren Schule. Unterrichtest du dort alle Einheiten selbst, oder leiten die Lehrer die Übungen inzwischen eigenständig an?
Ich leite pro Woche hier an dieser Schule im Schnitt 10 Gruppen mit insgesamt ca. 120 Teilnehmern. Die Pädagogen werden in den MultiplikatorInnen-Fortbildungen sensibilisiert und geschult. Mittlerweile haben sie auch damit begonnen, ausgewählte Übungen selbst anzuleiten. Sie haben jetzt Übungen und Methoden an der Hand, die sie gemeinsam mit den Schülerinnen anwenden. Ich begleite sie auch teilweise dabei, und wir sind in einer sehr guten Kommunikation und lernen voneinander. Die Pädagogen berichten über sehr positive Resultate, sowohl auf ihrer Seite als auch von Schülerseite.
Können auch andere Schulen das Programm implementieren?
Ich denke gerne groß, und meine gute Vision, das „Big Picture“, besteht darin, mit diesem Programm bundesweit (und irgendwann auch global) so viele interessierte Schulen wie möglich zu erreichen. Die Teilnehmer werden zu einem eigenverantwortlichen und gesundheitsförderlichen Verhalten motiviert und befähigt. Autonomie & Empowerment gehören zu den großen Themen unserer Zeit und stellen eine gesellschaftliche Herausforderung dar. Das „PEP” unterstützt mit Gesundheitsförderung und Prävention ein wichtiges und globales Thema. Der Bedarf ist definitiv da, und ein Blick auf unsere Schulen und unsere Jugend ist zugleich auch immer ein Blick auf unsere Zukunft.
Ich möchte mich an dieser Stelle noch ganz herzlich bei folgenden Personen bedanken: bei meiner Teamkollegin Frau Meihack, bei Frau von Dewitz, Frau Gesell, Frau Lippus, dem Schulleiter der Gemeinschaftsschule Schreienesch, Herrn Kai Nopper, Herrn Schober, dem Bürgermeister aus Lindau, durch den eines der wunderbarsten Pilotprojekte hier am See starten konnte, und selbstverständlich bei allen SchülerInnen und Pädagogen, die am „PEP” teilnehmen und teilgenommen haben. Vielen Dank für euer großartiges Vertrauen!
Vielen Dank für das Interview!
Sehr gerne liebe Nina, ich danke dir!
Sezai Coban ist der Gründer von “Gesundheitsförderung-Prävention” (PEP) sowie Autor zahlreicher Fachbücher im Bereich Urban Dance und Yoga, darunter „Mein Medikament Yoga. Stabil und selbstbestimmt leben mit Yoga“ und „Knowledge: The Urban Dance Dictionary“.