Eine Spurensuche zur Herkunft und Bedeutung der 80 Yoga-Tonfiguren im Depot des Völkerkundemuseums München. Was hat es mit diesen kulturhistorischen Schätzen im Verborgenen auf sich?
Von der Existenz der Tonfiguren in teilweise akrobatischen Yogahaltungen erfuhr ich von einer befreundeten Yogalehrerin, die mir aus den USA per E-Mail-Anhang ein Schwarz-Weiß-Foto schickte. Das Foto stammte aus der Broschüre „Induziertes Irresein durch Occultlehren“ von Dr. Mathilde Ludendorff, einer Hetzschrift, in der die Autorin u.a. gegen Yoga wetterte und Yoga als Beispiel für „induziertes Irresein“ darstellte. Eine solche Broschüre besaß ich zwar bereits in einer Ausgabe aus den 1930er Jahren, jedoch ohne das Foto. Auch in anderen Ausgaben fehlte die Abbildung. Offenbar wurde dieses „Lichtbild“ nur in einigen ausgewählten Ausgaben der 118 Seiten umfassenden Broschüre von 1935 eingefügt.
In der Bildunterschrift ist von den „Modellfiguren Yogin (Fakire) des Völkerkundemuseums München“ die Rede, und die Autorin kommentiert die in einer Vitrine ausgestellten Figuren folgendermaßen: „Solche Yogin sind in den gleichen Zustand der ‚Katalepsie‘ (Starrsucht) durch Selbsthypnose gelangt wie Dementia-Präkoxkranke in den Zustand der Katatonie. Ohne Ermüdungserscheinungen verharren sie wie erstarrt in den seltsamsten Körperverrenkungen. Sie sind also induziert irre in Nachahmung geisteskranker Leistungen als vermeintlichem ‚Heilsweg‘.“
So weit die Bildunterschrift. Aus heutiger Sicht eher erheiternd, damals jedoch ein vernichtendes Urteil einer einflussreichen Frau mit akademischer Bildung und einem mächtigen Mann an ihrer Seite, der den Hass seiner Frau auf alles Fremde und Fremdländische teilte.
Im Depot des Völkerkundemuseums München
Von Dr. Stein, dem stellvertretenden Direktor des Münchner Völkerkundemuseums, erfuhr ich bald darauf, dass sich diese Figuren im Depot des Museums befinden. Dort konnte ich sie im Sommer vergangenen Jahres besichtigten. Mir wurde auch gestattet, die achtzig, in Regalen befindlichen Tonfiguren zu fotografieren, aber es wurde mir untersagt, diese Fotos zu veröffentlichen. Auf meine Fragen zur Herkunft, zum Ausstellungszeitraum und zur Bedeutung der Figuren bekam ich vor Ort lediglich eine Antwort: „Sie sind aus Ton, mehr ist nicht bekannt“. Dass die Museumsleitung praktisch nichts über einen Teil des Bestandes wusste, hatte ich nicht erwartet. Doch zufrieden gab ich mich mit diesem Armutszeugnis nicht.
Ausstellungsort und -zeitraum
Nach Berlin zurückgekehrt, suchte ich im Bestand der Staatsbibliothek in einer Dissertation über den damaligen Museumsdirektor Lucian Scherman sowie in alten Ausstellungskatalogen nach näheren Hinweisen.
Im Beiheft 2 der […]