Spontan, einfach und mühelos. Mukunda Herbert Wolter praktiziert und lehrt einen Yoga, der an die innerste Quelle führt
Es war am frühen Morgen des 2. Weihnachtstages 2005, als eine Gruppe von 10 Teilnehmern unter der Leitung von Mukunda Herbert Wolter Jyotir-Yoga praktizierte. Die Teilnehmer nahmen im Rahmen einer Ayurvedakur in der Greystone-Villa in den Bergen von Sri Lanka an seinem Yoga-Unterricht teil. Wie jeden Morgen leitete Mukunda Herbert auch an diesem sonnigen Tag einfache und entspannende Asanas an. Plötzlich aber begann das ganze Haus zu beben. Die Wände zitterten und die Götterfiguren auf dem hauseigenen Alter drohten umzufallen. Eine der Teilnehmerinnen forderte die anderen ängstlich auf, das Haus so schnell wie möglich zu verlassen. Mukunda Herbert hingegen ließ sich weder von dem Beben noch von der Angst der Teilnehmerin beeindrucken. Nachdem er das Asana beendet hatte, forderte er die Gruppe mit ruhiger Stimme auf, in den Meditationssitz zu gehen. Von hier aus sollten die Teilnehmer – wie er es nannte – „an den Ort in sich gehen, an dem unendlicher Friede herrscht und tiefe Stille ist.“ Angeleitet durch seine Ruhe in Stimme und Ausstrahlung und durch diesen einfach klingenden Satz versuchte nun jeder an den Ort der unendlichen Stille in sich zu gelangen. Wenige Minuten später verebbte das Erdbeben. Die Gruppe verblieb noch für lange Zeit in der Meditation – in tiefer Stille. Später erfuhr man aus den Nachrichten, dass dieses Beben der Auslöser für den Tsunami war, der nur wenige Stunden später Hunderttausenden von Menschen den Tod brachte.
Das Mukunda Herbert in einer so außergewöhnlichen Situation wie bei dem Beben so ruhig bleiben konnte, hängt mit seiner Jahrzehnte langen Yogaerfahrung zusammen. Sein nach Wahrheit strebender Geist hat Mukunda Herbert bereits in frühen Jahren dazu bewegt, sich mit unterschiedlichsten Yoga- und Meditationssystemen zu beschäftigten. Dabei gab er sich nie mit oberflächlich ausgerichteten Richtungen zufrieden. Stattdessen war er immer auf der Suche nach dem Ursprung des Geistes und nach dem Licht, das nach Befreiung strebt. Diese intensive Suche führte dazu, dass er bereits ab 1974 Yogakurse in Deutschland und in der Schweiz leitete. Gleichzeitig reiste Mukunda Herbert seit 1980 jedes Jahr für viele Monate durch Indien. Das Anliegen seiner Reisen war immer, im Ursprungsland wahrer Spiritualität Yoga, Meditation und vedische Philosophie bei bekannten und unbekannten Meistern zu studieren und seine eigenen Kenntnisse zu vertiefen.
Diese intensive Auseinandersetzung mit Yoga und Meditation führte dazu, dass Mukunda Herbert aufgrund seiner fundierten, systemübergreifenden Kenntnisse immer wieder in Indien, Sri Lanka und Thailand als geschätzter Yogalehrer arbeitete. Er unterrichtete mit Unterstützung der Behörden im Rahmen internationaler Yoga- und Meditationsprojekte in sozialen Einrichtungen, Rehabilitation sowie bei Polizei und Militär. In den letzten Jahren unterrichtet er nun auch regelmäßig in der Greystone-Villa auf Sri Lanka oder gibt in Deutschland, Spanien und Griechenland Seminare.
Den Jyotir-Yoga, wie Mukunda Herbert ihn heute lehrt, empfing der 56jährige Deutsche vor einigen Jahren während eines mehrwöchigen Rückzugs im Himalaya „durch Gnade der inneren Offenbarung in tiefer Dankbarkeit“, wie er selbst sagt. Jyotir-Yoga oder genauer gesagt Jyotir-Yoga-Sadhana gehört zur uralten spirituellen Praxis des Sri-Krishna-Yoga (sky). Sanskritwort und Name „krishna“ bedeuten hier unter anderem schwarz oder blau wie das unendliche Schwarz des Himmels bei Nacht, erfüllt vom Sternenmeer, und das strahlende, endlose Blau des Himmels bei Sonnenschein. Der Begriff bezeichnet das höchste Wesen, als manifestierte reine Liebe und letztendliche Wirklichkeit. Nach seiner Rückkehr aus den Bergen formulierte Mukunda den Jyotir-Yoga neu und zeitgemäß und brachte ihn in eine für die heutige Zeit verständliche, einfache Form.
Jyotir-Yoga, so wie er von Mukunda Herbert Wolter praktiziert und gelehrt wird, ist der uralte Yoga des Lichts (sanskr.: jyoti = licht), der die ewige Weisheit der Selbst- und Gottesverwirklichung darstellt. Den Kern von Jyotir-Yoga bilden Asanas, Pranayama, und Yoga-Meditation. Bei den Asanas sind es vor allem Grundhaltungen, wobei alle Bereiche abgedeckt werden: es sind sowohl Vorwärtsbeugen als auch Rückwertsbeugen und sowohl liegende als auch stehende und sitzende Positionen dabei. Die Asanas werden nicht im schnellen Flow geübt, sondern eine Weile gehalten. Dabei empfiehlt Herbert Wolter, nicht nur nicht über die eigenen Grenzen hinauszugehen, sondern auch nicht oder allerhöchstens für einen winzigen Augenblick bis an diese Grenzen heranzugehen – ganz im Sinne von „sthira-sukha-asana“ ist es für ihn nicht erstrebenswert, das Limit auszureizen. Wer dennoch gern ein bisschen „powern“ mag, der kommt beim Sonnengruß auf seine Kosten, den Mukunda mit viel Krafteinsatz übt. Die während des Seminars praktizierten, einfachen Asanas können ohne Vorkenntnisse oder besondere körperliche Voraussetzungen leicht erlernt werden. „Es geht bei den Übungen nicht darum, eine perfekte äußere Form zu erreichen, sondern über den Körper nach innen zu gehen und den eigenen Ursprung, den Bereich der Stille, des reinen Seins zu erfahren“ sagt Mukunda Wolter.