Unsere diesmaligen Covermodels Julia Grant-Scott und John Scott im Kurzgespräch.
Interview
John Scott gehört zu den profiliertesten Ashtanga-Yoga-Lehrern weltweit. Gemeinsam mit seiner Frau Julia unterrichtet er heute einen Yogastil, bei dem vor allem die Erfahrung des Einheitsbewusstseins im Mittelpunkt steht.
YOGA AKTUELL: John, als Schüler von Sri Pattabhi Jois entspringst du einer sehr traditionellen Yogalinie. Was hat dich all die Jahre weiterpraktizieren lassen und was hält deine Yogapraxis so lebendig?
John: In den letzten dreißig Jahren habe ich Vinyasas wie Mantras auf Sanskrit in meinem Kopf gezählt, – ich nenne das mein morgendliches Flüstern. Guruji (Patthabi Jois, Anm. d. Red.) sagte zu mir: „Yoga ist die Kontrolle des Geistes, und kein Work-out. Praktiziere und alles andere kommt.“ In diesen dreißig Jahren habe ich auf die Weise eine dynamische Meditation praktiziert, die mich auf eine tiefgehende innere Erkundungsreise geführt hat: „Was ist es, was ich tue, wenn ich sage, ich übe Yoga?“
Was alle alten Praktiken lebendig hält, ist die Verwurzelung in der Tradition in Kombination mit innovativen Elementen. Im Research Institute of Ashtanga Yoga habe ich die Funktionsweise dieser Methode jahrelang erforscht, und ich ergänzte den zeitgenössischen Yoga um meine Sichtweise, den Transcendental Ashtanga Vinyasa Yoga. Dabei geht es darum, Meister des Körpers, des Atems und der Gedanken zu werden, sie zu transzendieren und schließlich zu erkennen, dass wir alle göttliche Wesen sind.
Inwiefern unterscheidet sich „Transcendental Ashtanga Vinyasa Yoga“ vom traditionellen System?
John: Kern von Ashtanga Vinyasa Yoga ist jene Methode, die Guruji The Counted Method genannt hat. Sie gründet auf Tristhana, einem dreiteiligen Fokus, bei dem Geist, Atem und Körper synchron bewegt werden. Das bedeutet, der Geist zählt den Atem, der wiederum den Körper bewegt. Wir haben unser Verständnis der Methode erweitert und uns vor allem auf das Zählen konzentriert. Indem wir jeden Vinyasa wie ein Mantra immer wieder auf Sanskrit zählen, werden Gedankengewohnheiten und Programme weggespült, die uns nicht länger nützen, und unser Geist bleibt klar, offen und empfänglich für das Fließen von Weisheit. Anders ausgedrückt: Im Zustand des Yoga ist es möglich, Mitschöpfer deines Lebens zu sein.
Ihr habt ziemlich viel Zeit in Lateinamerika verbracht und seid dort in den Geist der Pflanzenmedizin eingetaucht. Inwiefern beeinflussen eure Erfahrungen mit „Pachamama“ eure Yogapraxis?
Julia: Wenn wir im Fluss der materiellen Welt gefangen sind, in Städten als Produzenten und Konsumenten lebend, entfernen wir uns von Mutter Natur. Das kann ein Gefühl von Trennung erzeugen, was wiederum zu Einsamkeit, Stress und Depression führen kann. Die Erfahrungen mit der heiligen Pflanzenmedizin ermöglichen uns jedoch, zu erfahren und zu verstehen, dass wir tatsächlich multidimensionale Wesen sind, die eine menschliche Erfahrung machen. Dieses Verständnis ist sehr heilsam. Der Einfluss dieser Wiederverbindung mit Mutter Natur hat einen starken Effekt auf die Praxis von T.A.V. Yoga (Transcendental Ashtanga Vinyasa Yoga). Anstatt durch die Sinne nach außen zu gehen, können wir unsere Erforschungen nach innen wenden und in die Tiefen unserer inneren Räume und Dimensionen reisen, um zu erkennen, dass alles eins ist.
Termine in Deutschland: 12.–14. November 2021 – Berlin www.johnscottyoga.com |