Wenn du am Ende der Yogastunde in Shavasana liegst, was passiert da in dir? Vielleicht nimmst du wahr, wie jede Zelle pulsiert, dein ganzer Körper vibriert, dein Geist zur Ruhe gekommen ist und du einfach nur eins geworden bist mit all dem, was dich umgibt?
So ergeht es zumindest mir in Shavasana: Mein Kopf ist leicht und leer, mein ganzer Körper fühlt sich entspannt und schwerelos an. Nachdem ich den Film AWARE – Reise in das Bewusstsein gesehen habe, kommt es mir so vor, als ob das ein Vorgeschmack vom universellen Bewusstsein sein könnte…
Was ist Bewusstsein?
Weiß der Fisch eigentlich, dass er in Wasser schwimmt? Kann ein Fisch Wasser erkennen? Und können wir erkennen, dass wir in einem Ozean des Bewusstseins schwimmen?
Wir sehen die Welt und die Natur getrennt von uns, aber befinden sich diese Grenzen teilweise nicht nur in unseren Köpfen? Und ist es nicht stattdessen eher so, dass wir in einem Ozean schwimmen, der verschiedene Formen und Gestalten annimmt und wo alle Grenzen Fiktion sind? Wissenschaft und Philosophen versuchen bereits seit Jahrhunderten eine treffende Definition dafür zu finden, was Bewusstsein ist.
AWARE – Reise in das Bewusstsein: Das erwartet dich
Heute am 2. September kommt der Dokumentarfilm von Frauke Sandig und Eric Black in die Kinos. Abgesehen vom Inhalt überzeugt AWARE – Reise in das Bewusstsein aber auch mit spektakulären Szenen aus der Natur als starke filmische Komponente, die dich auch visuell in das Thema reinziehen: Die eindrucksvollen Bilder lassen die Zuschauer die unglaubliche Weite und Grenzenlosigkeit spüren, die in unseren Köpfen und in dem uns bekannten Universum existiert.
6 Forscher, 1 Forschungsgegenstand: Unser Bewusstsein
Unser Bewusstsein: Wo sitzt es und woraus ist es gemacht? Ist es etwas, das nur uns Menschen vorbehalten ist oder können auch Pflanzen und Tiere bewusst wahrnehmen? Nicht nur die Neurowissenschaften stellen sich diese Frage, auch Biologen, Mönche und indigene Heiler sind auf der Suche nach Antworten.
Und genau darum geht es auch bei AWARE: Das Thema wird aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Sechs Experten, die aus unterschiedlichen Traditionen und Wissenschaften kommen, erforschen das Thema Bewusstsein jeweils auf andere Art und Weise. Schließlich kann man sich dem Thema von innen (in der Meditation) wie auch von außen (in der Hirnforschung) nähern. In 102 Minuten teilen ein Neurowissenschaftler, ein buddhistischer Mönch, eine Pflanzenbiologin, eine Maya-Heilerin, ein Psychopharmakologe und ein Philosoph & Psychonaut ihre Forschungsergebnisse sowie ihre persönlichen Erfahrungen mit dem, was für sie Bewusstsein ist.
6 Experten, 6 Meinungen: Was ist Bewusstsein?
Der Neurowissenschaftler und das Bewusstsein:
Der Hirnforscher Christof Koch leitet in Seattle das Allen Institute for Brain Science, wo er gemeinsam mit 300 Wissenschaftlern einen Schaltplan sämtlicher neuronaler Aktivitäten des Gehirns von Menschen und Mäusen erstellt. Hier wird ein Blick von außen auf das Gehirn geworfen: Es wird seziert, experimentiert und analysiert.
Für Bewusstsein braucht es mehr als Neuronen im GehirnWenn man ein Stück Gehirnmasse, das so groß wie ein Quinoa-Korn ist, in 30 Nanometer große Scheiben schneidet, dann kann irgendwann nicht mehr unterschieden werden, ob es sich um ein Gehirn vom Menschen oder einer Maus handelt. Kochs These lautet, dass unsere Hardware im Grunde bei allen gleich ist. Aber wie kann die Glibbermasse in unserem Schädel Liebe erzeugen und Freude empfinden? In der Physik und im Periodensystem gibt es solche Dinge wie Liebe, Schmerz, Freud und Leid nicht. Daher ist es doch eigentlich magisch, dass unser Gehirn so etwas erleben und fühlen kann. Das bedeutet aber auch, dass sich Bewusstsein somit nicht nur auf die Neuronen im Gehirn reduzieren lässt. |
Der buddhistische Mönch und das Bewusstsein:
Matthieu Ricard lebt seit fast 40 Jahren in einem buddhistischen Kloster in Nepal. Ursprünglich promovierte der Franzose in Molekularbiologie, jedoch wandte er sich im Alter von 30 Jahren von der Wissenschaft ab, um den Geist von innen zu erforschen. Die Meditation als Mittel der Wahl hilft, den Teil des Geistes zu finden, in dem absolute Klarheit und Offenheit herrscht. Tief im Innern des Bewusstseins befindet sich reines Gewahrsein, awareness, wo es keinen Unterschied mehr zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit gibt.
Die Pflanzenbiologin und das Bewusstsein:
Die weltweit renommierte Pionierin in der Bioakustik, Monica Gagliano, konnte in Experimenten im Bereich Pflanzenverhalten und -kognition nachweisen, dass auch Pflanzen untereinander kommunizieren, ihre Umgebung wahrnehmen und somit empfindungsfähig sind – und dass, obwohl sie kein Gehirn haben! Sie nennt es BI – biological intelligence (im Gegensatz zu AI, artificial intelligence). Für sie sind es die mystischen Erfahrungen, die wir mit Yoga, Meditation oder aber psychoaktiven Pflanzen machen können, die uns Bewusstsein erfahren lassen.
Die Maya-Heilerin und das Bewusstsein:
Josefa Kirvin Kulix ist Maya-Heilerin und Therapeutin. Sie lernte das Wissen der Pflanzenheilkunde von ihrer Mutter. Alle Pflanzen sind für sie heilig, denn in der indigenen Welt glaubt man nicht, dass nur der Mensch denkt, in der indigenen Welt hat alles dieselbe Essenz, – es gibt keine Trennung. Alles ist miteinander verbunden. Für sie ist die Natur die größte Lehrmeisterin.
„Die Essenz oder das Bewusstsein ist für mich wie der Wind. Etwas, das man fühlen, aber nicht festhalten kann.“
Josefa Kirvin Kulix
Der Psychopharmakologe und das Bewusstsein:
Roland R. Griffiths leitet im Zentrum für Bewusstseins- und Psychedelische Forschung an der Johns Hopkins University in Baltimore die Psilocybin-Studie. Im Rahmen der Studie nehmen die Probanden eine klassische, psychedelische, halluzinogene Droge ein, um einen besseren Einblick in das Bewusstsein zu bekommen. Das Besondere an der Studie: Die Probanden hatten während des Experiments das Gefühl, dass alles miteinander verbunden ist und erfuhren einen Moment tiefer Ehrfurcht.
Das Einswerden und seine heilende ZweckeNeurowissenschaftlich betrachtet wirken Psychedelika auf den Default Mode Network, das Ruhezustandsnetzwerk, unseres Gehirns ein. Das ist der Teil unseres Gehirns, der für das Ego und das Selbst steht. Indem der Default Mode Network reduziert wird, zerschmilzt das Selbst und stattdessen verschmilzt es mit etwas Größerem. Zeitgleich werden die Vernetzungen im Gehirn hochgefahren, die mit einer Offenheit einhergeht, die sogar die Heilung tieferliegender Wunden möglich macht. |
Der Philosoph und Psychonaut und das Bewusstsein:
Nach einem Schicksalsschlag nahm der Philosophieprofessor Richard Boothby von der Loyola University Maryland an einer der Psilocybin-Studien der Johns Hopkins University teil. Dies hat ihn vieles klarer sehen lassen. Für ihn ist unser mentaler Apparat wie die Blende vor einer Kamera: Ihre Aufgabe liegt darin, die Öffnung zu verringern. Das Psilocybin war für ihn ein Blendenöffner, der eine massive Beleuchtung zugelassen hat. Richard Boothby sieht den Sinn und Zweck unserer Existenz darin, sich mit purer Offenheit auf neue Erfahrungen einzulassen – und genau diese Offenheit ist Bewusstsein für ihn.
“There is this existential wonder of what’s really going on here.
Why are we awake? How is it that we’re aware that we’re aware?”
AWARE – Reise in das Bewusstsein
Bei dem Dokumentarfilm AWARE – Reise in das Bewusstsein handelt es sich um die Fortsetzung von dem Film Herz des Himmels, Herz der Erde. Der dritte Teil der Triologie wird die kommende Klimakatastrophe behandeln, da es auch hier um ein Thema geht, was im Spannungsfeld von Wissenschaft und indigener Kultur liegt.
Hier findest du die Kinos und Ausstrahlungstermine vom Film.
AWARE – Reise in das Bewusstsein
Frauke Sandig & Eric Black, 102 min
Produziert von Frauke Sandig Umbrella Films in Koproduktion mit Hanfgarn & Ufer Filmproduktion und ZDF/3sat. Produktion gefördert von BKM, Medienboard Berlin-Brandenburg, FFA, DFFF, THE EVOLVE FOUNDATION und ITVS
Im Verleih der Piffl Medien; Verleih gefördert von BKM / Neustart Kultur und Medienboard Berlin-Brandenburg
D / USA 2020
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