Wir alle tragen die Buddha-Natur, den „Edlen Kern“ in uns. Auch du und ich. Und trotzdem fällt uns nichts schwerer, als dies zu erkennen, dies zu akzeptieren und von diesem Ort aus zu leben. Aber damit bist du nicht allein. Wem es noch so geht und wie du nach Hause kommst, erfährst du hier.
Kennst du diese Momente: Du sitzt irgendwo, ganz absichtslos, schaust aufs Meer oder genießt eine Asana und plötzlich, von einem Moment auf den anderen fällst du in einen Zustand von tiefem Frieden. Alles ist gut. Und du weißt, dass du darauf vertrauen kannst, dass auch in Zukunft immer alles gut sein wird. Auch wenn es vielleicht ganz anders läuft, als du es dir vorstellst, aber in deinem tiefsten Innern ist einfach alles gut.
Und wahrscheinlich fällst du dann auch wieder aus diesem Wissen heraus, weil dein Verstand wieder anfängt, Ängste hinsichtlich der Zukunft vor dir auszubreiten oder dich daran zu erinnern, dass du heute noch nicht deine Yogapraxis gemacht hast und es Zeit wird, auf die Matte zu gehen – um endlich anzukommen.
Dabei sind wir alle schon längst da. Wenn wir aufhören zu meinen – dass wir noch ein Ziel erreichen müssen, etwas beweisen müssen, etwas tun müssen, jemand sein müssen – erkennen wir, dass wir so wie wir sind etwas in uns tragen, was vollkommen ist. Aber leider scheint uns dies nicht möglich zu sein. Geboren in einer Leistungskultur, einem Gefühl, dass es immer noch höher-weiter-besser gehen muss, peitschen wir uns durch den Alltag, auf die Yogamatte und aufs Meditationskissen. Hören wir damit jedoch einmal auf, uns selbst Druck zu machen, dann kann eine Türe aufgehen zu dem Ort in uns, an dem alles da ist und du erkennst, dass du bereits vollkommen bist. Aber das ist leichter gesagt als getan.
Die folgende Geschichte verdeutlicht unsere Tendenz, dass wir meinen uns unseren Edlen Kern erst verdienen müssen sehr deutlich:
Die Heimkehr von Aron
Es war einmal König, der hatte ein sehr großes Königreich und einen Sohn, den er über alles liebte. Sein Sohn Aron war sehr natürlich, intelligent und humorvoll. Es lag in der Tradition der Familie, dass der Nachfolger des Königs eine Reise durch das große Königreich machen musste, um jeden Winkel des Landes kennenzulernen und das Volk mit seinen Wünschen und Nöten besser verstehen zu können.
So zog der Sohn aus und erlebte auf seinen Reisen viele Abenteuer. Er lernte wunderschöne Frauen kennen und lieben, lebte bei den Bauern, freundete sich mit ihnen an, wurde von Zimmerleuten in so manches Handwerk eingeführt und von den Geschäftsleuten in den Städten lernte er ebenfalls viel über eine gute Führung eines Unternehmens.
Eines Tages, als er durch ein Gebiet wanderte, das ihm ganz neu war und niemand ihn kannte, wurde er beraubt, ohnmächtig geschlagen und dabei schwer am Kopf verletzt. Er wurde von einem einfachen Mann gefunden, der ihn mitnahm in seine Hütte und ihn dort gesund pflegte. Als es Aron nach vielen Monaten besser ging, hatte dieser nicht nur seinen Namen, sondern seine Herkunft vergessen. Er wusste nicht mehr, wer er war, und wohin er wollte. Der einfache Mann bot ihm an, bei ihm zu bleiben und als sein Knecht zu arbeiten, aber Aron vernahm eine tiefe Sehnsucht in sich, herauszufinden wer er war. Und so reiste er weiter, ohne sein Ziel zu kennen.
Von diesem Tag an wurde die Sehnsucht zu seinem ständigen Reisebegleiter.
Eines Tages kam Aron, der nun bereits seit vielen Jahren als armer Bettler durchs Land zog, durch seine Heimatstadt. Zufällig ritt sein Vater an ihm vorbei und als der König ihn sah, erkannte er ihn sofort wieder, der Sohn hingegen war blind für seine Herkunft.
Der König wusste, dass es sinnlos wäre, seinem Sohn von dessen wahrer Herkunft zu erzählen. Er wusste, dass dieser ihm nicht geglaubt hätte. Deshalb sorgte er dafür, dass einer seiner Bediensteten sich mit Aron anfreundete. Eines Tages erzählte der Bedienstete ihm, dass sie am Königshof eine Anstellung als Schweinewirt haben könnten, dort im Stall wohnen könnten und jeden Tag genug zu Essen bekommen würden. Die beiden freuten sich sehr und nahmen die Arbeit an.
So kam es, dass der Königssohn wieder an den Hof seines Vaters zurückkehrte und sich mit den Jahren langsam hocharbeitete. Immer wieder erlebte er in dieser Zeit Momente, in denen er das Gefühl hatte, nach Hause gekommen zu sein. Alles kam ihm so vertraut vor. Aber er ließ dieses Gefühl nicht zu, weil er glaubte, dass er, ein armer, herumstreunender Bettler nicht würdig sei, sich in einem Königspalast zu Hause zu fühlen.
Als der König alt geworden war, ließ er seinen Sohn zu sich kommen. Dieser war in der Zwischenzeit für die Aufsicht aller Arbeiter am Hof zuständig geworden und wurde von allen am Hof sehr geliebt. Der König erzählte Aron seine wahre Herkunft und übergab ihm an diesem Tag die Führung über das gesamte Reich.
So wie Aron irren auch wir durch unser Leben, als Bettler oder als Schweinehirt. Und auch dann, wenn wir Momente erfahren, in denen wir das Gefühl haben, zu Hause angekommen zu sein, überlagern wir dieses Gefühl mit Unsicherheit, Irritation oder Zweifel. Wir wollen es nicht wahrhaben, dass auch wir in unserem Innersten Könige, Königinnen, Buddhas oder reines Licht sind. Lieber suchen wir weiter, als dass wir uns eingestehen, schon längst angekommen zu sein.
Wir brauchen uns nur immer wieder daran zu erinnern. Die folgende Meditation kann dich darin unterstützen.
Meditation: Ich bin schon da!
Komm in eine aufrechte und bequeme Sitzhaltung und lass dich nieder.
Nimm deinen Körper wahr. Lass dich in deinem Körper nieder. Komm an.
Atme ein und aus.
Wenn du das Gefühl hast, angekommen zu sein, sage dir:
Einatmend: Ich bin angekommen.
Ausatmend: Ich bin da.
Wenn Gedanken auftauchen, die dich ablenken wollen oder dir erzählen, dass es doch gar nicht so einfach geht, nimm diese einfach nur wahr. Und wiederhole:
Einatmend: Ich bin angekommen.
Ausatmend: Ich bin da.
Wenn du das Gefühl hast, ganz da zu sein, kannst du dich von dem Mantra „Ich bin da“ „Ich bin angekommen“ lösen und dich vollkommen hineinsinken lassen in die unmittelbare Erfahrung davon, dass du nichts mehr leisten musst, um ganz und gar bei dir anzukommen.
Bringe abschließend deine Hände in Anjali-Mundra und verneige die vor dir selbst und dem Göttlichen in dir.
Namaste!