Der spirituelle Weg des Alltags: Wie Karma-Yoga unser tägliches Leben prägen und uns mit tiefer Zufriedenheit erfüllen kann.
Der Karma-Yoga oder Yoga des Handelns, eine jahrtausendealte Lehre aus Indien, die dort zu den wichtigsten spirituellen Wegen gehört, ist bei uns im Westen kaum bekannt. Eigentlich seltsam, denn gerade der Karma-Yoga wäre für uns, auch ohne damit ein spirituelles Ziel zu verfolgen, ein gangbarer Weg zu einem zufriedeneren Dasein. Wie wir den bei uns weit verbreiteten Yoga der Körperhaltungen (Hatha-Yoga) für die physische Gesundheit und zur Entspannung ausüben, so können wir zur wohltuenden Veränderung unserer inneren Haltungen den Karma-Yoga praktizieren. Man darf ihn auch als eine philosophisch-psychologische Lehre bezeichnen, und er eignet sich deshalb für alle Menschen, unabhängig von ihrer religiösen Ausrichtung. Die Grundlage des Karma-Yoga bildet die Bhagavadgita (nachfolgend Gita genannt), eine heilige Schrift Indiens.
Östliche Heilswege, mit ihrem Glauben an das Karma-Gesetz und die Wiedergeburt, sehen eine wesentliche Aufgabe darin, das in zahlreichen vorangehenden Leben angesammelte Karma aufzulösen – dieses Karma, das durch jede unserer Taten entsteht, wirklich jede, ob gut oder böse. Ideal wäre demnach, gar nichts mehr zu tun. Natürlich geht das nicht, solange wir einen Körper haben, der zumindest genährt werden will. In Indien wählten die Erlösungsuchenden deshalb den Weg, der dieser Forderung am nächsten kam: Sie lebten asketisch, saßen in Meditation bei einem Tempel oder wanderten ziellos umher. Es gibt auch bei uns Heilswege – beispielsweise die strenge Auslegung der christlichen Lehre –, die das Diesseits einzig als Voraussetzung für ein künftiges Jenseits sehen, in das wir nach dem physischen Tod eingehen. Deshalb betrachten sie das Glück in diesem Leben als zweitrangig oder sogar als hinderlich, und einige fordern den Rückzug aus der Welt. Doch wieso sollte das Göttliche unseren wunderbaren Kosmos und all das Schöne erschaffen haben, wenn wir uns davon abwenden müssten? Wäre es uns bestimmt, als Asketen und Einsiedler mit Entbehrung und Kasteiung zu leben, hätte das Göttliche die Erde dann nicht mit lauter Höhlen ausgestattet, in die sich jeder Mensch allein verkriecht? Wie könnte er sich so aber am Leben erhalten, wie die Menschheit fortbestehen und sich weiterentwickeln?
Wir sind auf dieser Welt, um zu handeln nicht, um untätig in Meditation und Versenkung zu verweilen, bis die Seele den Körper verlässt. Und […]