Antennen für das Feinstoffliche und Informationsspeicher für Karma und Erlebtes: Haare sind viel mehr als nur schmückendes Beiwerk. Was es mit ihrer weitreichenden Bedeutung auf sich hat, ergründet dieser Exkurs in ihre Mysterien.
Die Geschichte klingt so gut, dass sie wahr sein könnte: Während des Vietnamkriegs soll die US-Army versucht haben, bei den Indianerstämmen im eigenen Land besonders gute Späher und Spurenleser für den Einsatz im südostasiatischen Dschungel zu rekrutieren. Diese wurden auch tatsächlich gefunden – nur konnten sie merkwürdigerweise ihre noch in der Heimat vorhandenen herausragenden Fähigkeiten auf dem Kriegsschauplatz nicht mehr abrufen. Die Erklärung nach der eingehenden Untersuchung des Dilemmas: Wie es schien, war ihr sechster Sinn verloren gegangen, das Einfühlungsvermögen in Orte oder Menschen, das Gespür für Gefahr und das Gefühl für den richtigen Zeitpunkt, Intuition, Vorahnungen …
Der Verlust, so behaupteten die Krieger, habe mit dem militärischen Haarschnitt zu tun, also mit dem Verlust ihrer langen Haare. Diese seien so etwas wie Hilfsorgane im Sinne von „Antennen“ für subtile Energien und verborgene Muster.
Die Erklärung ist seitdem weder bestätigt noch widerlegt worden …
Delila und Samson
Dabei wussten oder ahnten schon unsere Vorfahren, dass die Haare „nicht ganz ohne“ sind, bzw. dem Mann ohne Haare etwas Entscheidendes fehlt (der Frau ohnehin). Die Szene ist legendär und gehört zu den großen Mythen der abendländischen Kultur: Der alttestamentarische Krieger Samson blieb so lange stark und unbesiegbar, wie er sein Haupt ungeschoren ließ. Er verlor seine Kraft in dem Augenblick, da sein Weib Delila ihm heimtückisch sein Haar abschnitt. Die Bedeutung der Haare als Schnittstellen zu höheren oder anderen Bewusstseinssphären hat sich bis in die Popkultur herumgesprochen, wie letztlich im Hollywood-Blockbuster Avatar zu sehen. Die blauhäutigen Na’vi kommunizieren mit ihren „Pferden“, in dem sie sich via Haarstrang bei ihnen „einklinken“.
Quasi auf der anderen Seite weist der Brauch des Skalpierens besiegter Feinde bei den nordamerikanischen Ureinwohnern sowie im frühen Vorderasien in eine ähnliche Richtung. Mit den Haaren sollte dem Feind auch seine Kraft und Würde genommen werden. Deshalb mussten auch in den meisten Kulturen Sklaven und niedrige Stände Kurzhaarfrisuren tragen oder gar Glatze, wie zum Beispiel der Eunuch Varys in Game of Thrones. In späteren Zeiten wurde dann den Frauen, die sich im Krieg mit den siegreichen Feinden […]