Auch auf dem spirituellen Weg lauern Sackgassen: Erfahrungen, mit denen man nicht umgehen kann, Aufblähung des Egos, Verhaftung in Dogmen und vielerlei mehr…
Fast ein jeder Mensch hat irgendwann im Verlaufe seines Lebens eine Einheitserfahrung. Viele erleben sie als das Verschmelzen zweier Menschen beim Sex, andere erfahren sie als das Aufheben der eigenen Grenzen in der Natur oder als Flow beim Joggen. Wieder andere werden bei einem Unfall oder einer anderen lebensbedrohlichen Erfahrung aus dem Alltagsbewusstsein hinaus und in die Seinsebene hinein katapultiert. Eine solch spirituelle Einheitserfahrung findet jenseits des linearen Raum-Zeit-Erlebens statt. Hier gibt es keine Dualität mehr, keine Bewertung, kein Gut und kein Böse, kein Oben oder Unten und kein Ego. Hier gibt es keine Unterscheidungen mehr – nur noch das Sein bzw. das Nicht-Sein. Obwohl dieses Sein in seiner Essenz eins ist, haben ihm die verschiedenen Völker unterschiedliche Namen gegeben: Im Hinduismus Purusha, Brahman oder Maha-Atman, in der Advaita-Philosphie das All-Eine, in der chinesischen Philosphie Tao, im Mahayana-Buddhismus die reine Natur des Geistes oder Buddha-Natur und seit Nagarjuna die Bezeichnung Shunyata oder bei Meister Eckhart Gottheit. Im Griechischen wird es im Sinne des Logos als Gott bezeichnet und in der apostatischen christlichen Theologie gibt man ihm den Namen das Große Geheimnis Gottes.
Diese Erfahrungen können leise und kaum merkbar sein. Sie können aber auch so intensiv sein, dass sie das ganze Leben eines Menschen von einem Moment auf den anderen vollständig verändern. Diese Erfahrungen sind der tiefe Wunsch vieler spiritueller Suchender. Und sie sind auch oftmals der Auslöser für einen spirituellen Weg selbst. Sie sind immer wieder Ziel einer spirituellen Praxis und gleichzeitig erst der Anfang eines spirituellen Weges, der ein ganzes Leben lang dauert. Für den einen Menschen kann eine solche spirituelle Erfahrung eine Befreiung bedeuten, für den anderen hingegen können sie Hindernisse mit sich bringen. Denn spirituelle Erfahrungen können auch durchaus negative Begleiterscheinungen aufzeigen. Der eine sieht in ihnen Wachstumsmöglichkeiten, für einen anderen hingegen werden sie zu Stolpersteinen auf seinem spirituellen Weg.
Diese Begleiterscheinungen sind auch unter dem Begriff „spirituelle Krisen“ bekannt, weil sie einen Menschen aus dem gewohnten Gleis werfen können. Gemeint sind Bewusstseinszustände, die mit besonderen Phänomenen, Stimmungen, Ich-Zuständen und Sensationen einhergehen, die der Betroffene selbst und seine Umwelt oftmals nicht einordnen können, […]