Über Identifikation als notwendigen Mechanismus der Persönlichkeitsentwicklung – und über die Erkenntnis und Erfahrung der tiefen Verbundenheit, die uns jenseits aller Rollen und Fragmentierungen vereint.
„YOGA“ als Begriff deutet auf etwas hin, das über Kultur, Namen, Geschlecht, Gruppenidentität, Nation, Ethnie, Ideologie, Idee und Konzept hinausgeht. Es ist die Erkenntnis dessen, was all die individuellen Ausdrucksformen, Lebensformen und Manifestationen hervorbringt, verbindet und erhält. Wie viele wissen, sind „Verbindung“ oder „Einheit“ geläufige Übersetzungen des Wortes Yoga. Es ist so wie mit einer individuellen Welle, die – obwohl einzigartig – in ihrer Essenz immer Wasser bleibt und somit den Ozean in sich trägt. Oder wie mit Inseln im Ozean, die durch den Meeresgrund miteinander verbunden sind. Was man sieht, sind die individuellen Inseln, doch die zugrunde liegende Verbindung, oder gar die Identität mit einer fundamentalen Realität, bleibt im Verborgenen. Je nach Kultur, Zeit und Tradition wurde diese Ebene, dieses Einheitsprinzip unterschiedlich benannt: Essenz, Leben, Liebe, Bewusstsein, Gott, Shiva, Kali, Wakan Tanka, Selbst, Quantenfeld, Shunya, Purusha, etc. Wir alle haben diese Worte, oder zumindest die meisten davon, schon gehört. Aber wie machen wir aus diesen Begriffen, Ideen und Konzepten eine gelebte Realität?
Manchmal wird gesagt, diese Essenz werde im Herzen erkannt. Gemeint ist dabei nicht das Herz im Sinne von Emotionalität, sondern eher das Herz als Ausdruck und Symbol einer inneren, ganzheitlichen Erkenntnisfähigkeit, die den Intellekt weit übersteigt. Wie hier in einem Vers aus der Mundaka-Upanishad:
Hell, aber verborgen wohnt
das Selbst im Herzen.
Alles, was sich bewegt,
atmet, öffnet und schließt, lebt im Selbst. Es ist die Quelle der Liebe
und mag durch die Liebe
erfasst werden,
aber nicht durch das Denken.
(zitiert nach der Übersetzung von Eknath Easwaran: Die Upanischaden, Goldmann Verlag)
Yoga geht in diesem Sinne weit über verschiedene Stile, Lehren, Traditionen, Sichtweisen, spirituelle Systeme oder Praktiken hinaus, obwohl er diese natürlich nutzt. Er bezieht sich auf die grundlegende Identität der individuellen „Welle“ mit dem Ozean, mit der Gesamtheit.
So gesehen ist jede Manifestation – egal auf welcher Ebene, und egal, welche Form der Realität sie annimmt – Ausdruck einer größeren Verbundenheit. Soziale und politische Aspekte sind keineswegs außerhalb dessen, was wir als Thema von Yoga bezeichnen können. Schlussendlich kann […]