Tore zum Selbst und in die Welt – die Sinne als Kanäle für die Lebenskraft, und Sinneswahrnehmungen als Basis der menschlichen Daseinserfahrung.
Es dauert eine Weile, bis es ganz still wird. Sitzkissen werden zurechtgerückt, Decken ausgebreitet, Fenster und Türen geschlossen. Die Geräusche bewegen sich durch den Raum, werden zarter und lösen sich dann in der Stille auf. Die Meditation kann beginnen, oder sie hat schon längst begonnen. Mit dem Lauschen auf das Vergehen der Geräusche und den Anfang der Stille.
Meditation ist eine Zeit der Besinnung. Sich zu besinnen bedeutet, zu den Sinnen zurückzukommen. Das Wort Sinn, hat seine Wurzeln sowohl im Indoeuropäischen als auch im Lateinischen mit zwei Bedeutungen: Wahrnehmung und Empfindung. Über die Sinne tritt der Mensch in Beziehung zur Welt. In unserer Sprache gibt es sehr viele Wörter und Redewendungen rund um den Sinn und die Sinne: Im wahrsten Sinne des Wortes, in diesem Sinne. Es ist Blödsinn, ein Wahnsinn oder sinnlos. Jemand ist nicht mehr ganz bei Sinnen oder feinsinnig.
Über die Sinne können wir Prana aufnehmen, unsere Lebenskraft stärken, die Lebenssäfte wieder ins Fließen bringen und vielleicht auch den Sinn des Lebens erkennen. Die Sinne sind feine Kanäle, die uns mit dem Spüren verbinden. Sie bewegen sich in einem Kreislauf zwischen innen und außen, zwischen Geben und Empfangen, zwischen Aufnehmen, Verwerten und Wiederzurückgeben. Wir nehmen Prana, die Lebenskraft, über unsere Sinne und aus fünf Quellen auf: Erde (Prthivi), Wasser (Apas), Feuer (Tejas), Luft (Vayu) und Äther (Akasha). Die fünf Elemente stehen in Verbindung mit dem Prinzip der fünf Sinneswahrnehmungen (Tanmatra): Klang, Berührung, Form, Geruch und Geschmack (Shabda, Sparsha, Rupa, Rasa, Gandha). Diese feinstofflichen Qualitäten werden von den Sinnesorganen Ohren, Haut, Augen, Zunge und Nase wahrgenommen. Darüber hinaus beschreibt die moderne Sinnesphysiologie noch vier weitere Sinne: den Temperatursinn, die Schmerzempfindung, den Gleichgewichtssinn und die Tiefensensibilität, also die Wahrnehmung des Körpers im Raum und die Wahrnehmung der inneren Körperempfindungen. Die Tiefensensibilität spielt eine besondere Rolle in der Somatischen Körperarbeit und im Tanz. Aber auch die Yogapraxis kann sich vertiefen, wenn wir alle neun Sinne mit einbeziehen.
Die Sinne sind immer geöffnet, nur die Augen können wir aktiv verschließen (und müssen sie verschließen, um zu schlafen). Und sogar unsere Träume sind […]