„Blüten-Opfergaben“ als spirituelle Praxis – Teil 3: Vergebung und Seelenruhe.
Pushpanjali – die Opfergabe (Anjali) von Blüten (Pushpa) – bezeichnet im übertragenen Sinne auch das Darbringen von „Blumen“ in Form von Sadhana (spirituelle Praxis). Indem wir uns darin üben, unser alltägliches Tun mit Hingabe und aufrichtigem Geist Gott gleichsam als Geschenk bzw. als Opfergabe anzubieten, lösen wir uns mehr und mehr von der Anhaftung an ein bestimmtes erhofftes Ergebnis. Wir erkennen, dass die Früchte unserer Handlungen die Folge der karmischen Naturgesetze sind, und können lernen, sie in Demut und relativer Gelassenheit anzunehmen. Wenn wir der vedischen Sichtweise folgen, können wir niemandem die Schuld für unsere Situation zuschreiben: Wir allein sind die Urheber unseres Schicksals – sei es nun durch Taten in diesem Leben oder in einem früheren. Wir sind keine Opfer, keine „Pechvögel“ – wir selbst haben es in der Hand. Was für eine Freiheit!
Die ersten drei „Blüten“ der acht „Blumengaben“, wie sie in den vedischen Schriften genannt werden, wurden in den beiden vorangegangenen Ausgaben eingehend beschrieben: 1. Ahimsa (Gewaltlosigkeit in Denken, Sprechen und Handeln) als universeller Wert, 2. Indriyanigraha (Meisterung der Sinne, inklusive des Denkens) sowie 3. Daya (Mitgefühl bzw. Barmherzigkeit). Im Folgenden wenden wir uns nun den nächsten beiden „Blütengaben“ zu: Kshama und Shanti.
4. Blüte: Kshama – Vergebung
Das Sanskrit-Wort „kshama“ leitet sich von der Wurzel ksham ab, die „vergeben“ bedeutet. Einem anderen zu vergeben, ist ein Ratschlag, der bereitwillig gegeben und auch angenommen wird, und doch so schwer zu befolgen ist.
Oft wird von uns erwartet, dass wir die Verfehlung eines anderen verzeihen, oder wir erwarten von einem anderen, dass uns unsere eigenen Übertretungen vergeben werden. Da wir uns immer wieder durch Worte und Taten unwissentlich oder wissentlich, versehentlich oder absichtlich gegenseitig verletzen, ist das ein wesentlicher Bestandteil menschlicher Beziehungen. Wenn sich jemand ungerecht verletzt fühlt, löst dies Schmerz, Wut und manchmal auch den Wunsch oder sogar die Forderung nach Vergeltung aus. Das nennt man Rache – was das Gegenteil von Vergebung ist. Vergeltung, die aus dem Schmerz über die Ungerechtigkeit entsteht, schürt ihrerseits die Wut auf der anderen Seite und setzt nicht selten einen Kreislauf in Gang, der Beziehungen und Einzelpersonen nachhaltig Schaden zufügt. […]