Stolz zu sein über die eigenen spirituellen Erfolge entfernt einen leicht vom eigentlichen yogischen Ziel. Drastische Askese oder schwierige Körperhaltungen mögen bei vielen Eindruck machen – die wirkliche Essenz spiritueller Übung liegt jedoch in etwas ganz anderem…
Tulsi Dass, wohlbekannt als Autor der zeitgenössischen Version des Ramayana, glaubte fest an die Macht der Japa-Praxis, die Macht also der permanenten Wiederholung einer der Namen Gottes, als Methode zu spiritueller Vollendung. Es heißt, sein Glaube daran sei so stark gewesen, dass er Menschen von ihren Krankheiten heilte, indem er betete und schlicht und einfach den Namen „Rama“ sprach. Später trat sein Sohn in seine Fußstapfen und wurde ebenfalls durch das Vertrauen auf die Rezitation der Namen Gottes ein vollkommener Yogi.
Eines Tages kam eine Gruppe Lepra-Kranker zu ihm und bat ihn darum, sie von ihrer Krankheit zu befreien. Der Sohn des Tulsi Dass betete daraufhin mit großer Intensität und sagte dann ganz ruhig: „Rama, Rama“. Und siehe da, die Lepra-Kranken waren geheilt.
Einige der Umherstehenden, die Zeugen des außerordentlichen Wunders geworden waren, liefen zu Tulsi Dass und beschrieben ihm die erstaunliche Tat, die sein Sohn vollbracht hat. Tulsi Dass jedoch reagierte nicht so, wie sie es erwartet hatten. Anstatt stolz zu sein, senkte er sein Haupt und murmelte: „Nach allem, was ich ihn gelehrt habe, bereitet mein Sohn mir nun Schande.“ Verwirrt fragten die Leute Tulsi Dass, auf welche Weise sein Sohn sich wohl seinen Missfallen zugezogen habe. Daraufhin erhielten sie die Antwort: „Ach, der Glaube meines Sohnes ist so schwach, dass er es für nötig hielt, den Namen Ramas zweimal zu sprechen.“
Als ein seit vielen Jahren praktizierender Yogi muss ich Ihnen nun etwas gestehen:. Ich habe viel zu viele Jahre lang das Ziel der Yoga-Praxis missverstanden und mit meinen Sadhana-Fähigkeiten aufgetrumpft, als ob sie irgendeinen Wert hätten. Ich konnte im Lotussitz ausharren, bis meine Knie taub wurden, ich konnte ohne Schlaf zum Kirtan-Chanten gehen, ich konnte fasten, mir einen Bart wachsen lassen, meinen Kopf kahl scheren, mir einen Faden zum Sutra Neti durch die Nase ziehen oder mir zwecks einer yogischen Magenwäsche ein Stück Stoff in meinen Hals legen. Was für ein toller Yogi versuchte ich zu sein! Aber was für ein fehlgeleiteter Dummkopf war ich doch.
Einmal hatte ich […]