Der Yoga der Transformation: Feuerrituale können sich auf allen Ebenen des Seins heilsam auswirken. Einblicke in die authentische altindische Yajna-Tradition.
Alle Wonnen fließen in Agni zusammen, so wie sieben mächtige Flüsse in den Ozean.
(Rg-Veda I.71.7)
Feuer wird in vielen spirituellen Traditionen als heilig verehrt und ist somit schon seit tausenden von Jahren ein wichtiger Bestandteil mancher religiöser Rituale. Zusammen mit Wasser, Erde und Luft ist Feuer eines der essenziellen Elemente, aus denen alle Lebewesen bestehen. Heilige Feuer sowie Feuergötter und -göttinnen gab es u.a. in Griechenland, Ägypten, im Iran und im Römischen Reich. In Indien wird das Feuer in all seinen Manifestationen schon seit langer Zeit unter dem Namen Agni verehrt. In den vedischen Schriften ist Agni-Deva, der Feuergott, Bote zwischen den Menschen und ihren Göttern sowie die Personifizierung des heiligen Opferfeuers. Wie wichtig das Feuer im Hinduismus ist, besagt allein die Tatsache, dass Agni das erste Wort im Rg-Veda, und somit in den gesamten Veden, ist.
Eine symbolträchtige Kommunikation mit dem Göttlichen
Meine erste Begegnung mit Agni ereignete sich Anfang 2008, als ich in einem Ashram in Nordindien lebte. Dort fand jeden Morgen eine Zeremonie statt, die mich zutiefst faszinierte. Eine kleine Gruppe von Menschen versammelte sich um eine viereckige Feuergrube, entzündete ein zeremonielles Feuer und sang dazu Sanskrit-Mantras. Dieses Feuer fütterten sie löffelweise mit flüssigem Ghi (Butterfett), Samagri (duftenden Kräutern) und dem immer wiederkehrenden Ausruf Svaha! (ein Segensruf auf Sanskrit). Das Ritual dauerte etwa dreißig Minuten. Längere, aufwendigere Rituale fanden am Vollmond und an Festtagen wie Maha Shivaratri oder Navaratri statt.
Ich fühlte mich sofort zu diesem Ritual und seinen kraftvollen Klängen, hochlodernden Flammen und betörenden Düften hingezogen und begann, täglich daran teilzunehmen. Schon bald konnte ich tiefgreifende energetische sowie emotionale Veränderungen in mir wahrnehmen, die während und nach den Zeremonien stattfanden. Manchmal wurde ich von einem tiefen Gefühl des inneren Friedens durchdrungen, zu anderen Gelegenheiten kamen schwierige Gefühle wie Trauer oder Wut an die Oberfläche, welche ich dann symbolisch mit den Opfergaben in die Flammen zu geben schien. Vor allen Dingen fühlte ich, wie sich mein Herz öffnete und buchstäblich zu schmelzen begann.
Kurz darauf begann ich, dieses Ritual, genannt Yajna (Opfer, Verehrung), selbst zu erlernen und die Mantras zu studieren. […]