Vergänglichkeit und Tod gehören zum Leben dazu und können uns sogar zutiefst mit unserer Lebendigkeit verbinden.
Der Herbst ist da und lädt uns dazu ein, uns mit den Themen Vergänglichkeit, Trauer und Tod zu beschäftigen. Halloween, Allerheiligen und Allerseelen widmen sich dem Tod und der Verbindung mit den Verstorbenen. Seit dem Wintersemester 2020/2021 gibt es an der Universität Regensburg den Studiengang „Perimortale Wissenschaften“, der einmalig in Deutschland ist. Das Thema Tod beschäftigt die Gesellschaft immer mehr, was daran liegt, dass eine große Gruppe von Menschen statistisch ins Sterbealter kommt. Aber auch durch den Klimawandel erleben wir neue Verluste und eine Art von Trauer, die es bisher nicht gab, die so genannte „Klimatrauer“. Statt an beidem zu verbittern, gilt es für uns als Gesellschaft die produktiven Kräfte der Trauer zu nutzen und eine lebensbejahende Trauer zu etablieren. Für diesen Artikel habe ich mit Prof. Rupert M. Scheule, dem Leiter des Studiengangs „Perimortale Wissenschaften“, gesprochen. Ein ausführliches Interview mit ihm könnt ihr im ANANDA Podcast ab 18. Oktober hören.
Man könnte eine endlos lange Liste mit Dingen schreiben, die man im Laufe des Lebens verliert. Gegenstände, liebgewonnene Teile, einen Schal, eine Tasche, ein Notizbuch. Am Anfang des Lebens verlieren wir unsere Zähne, und in der zweiten Lebenshälfte die Haare oder Haarfarbe. Wir verlieren Menschen, die wir lieben, Lebensträume und auch Vorstellungen von uns selbst. Hoffnungen gehen verloren, die Sehnsucht, die Lust, ein Job, eine Liebe. Man kann alles, was es auf der Erde gibt, verlieren, das Innere wie das Äußere. Das Erleben von Verlusten ist ein Teil des Lebens und eine Vorbereitung auf den größten aller Verluste: Früher oder später müssen wir uns auch von unserem Dasein im Körper verabschieden. Selbst wenn wir meditieren oder eine andere spirituelle Praxis haben, hängen wir doch an diesem Leben und an geliebten Menschen. Ein Verlust berührt jeden von uns auf einer menschlichen Ebene. Und mitten in dieser Berührung liegt eine tiefe Lebendigkeit und die Möglichkeit, das Tor zur Göttin oder zu Brahman, oder wie auch immer wir das unsterbliche größere Ganze nennen, zu öffnen.
Die lebensbejahende Trauer würdigt die Rhythmen und Zeiten der Trauer und inspiriert uns dazu, das zyklische Sein aller Gefühle und die Lebendigkeit darin zu erkennen. Wer wirklich trauert, ist […]