Es gehört zu den Herausforderungen des spirituellen Weges, die Balance zu finden zwischen Disziplin und Hingabe, Anstrengung und Sanftheit. Wie können wir Feuer fangen, ohne zu verbrennen?
Von nichts kommt nichts – heißt es so schön und richtig. Und auch auf dem spirituellen Weg kommen wir ohne eine regelmäßige Praxis nicht weit. Die Allerwenigsten werden spontan auf der Couch vor der Glotze erleuchtet. Unser Geist beruhigt sich nicht sofort auf Kommando. Positive Gewohnheiten schleichen sich nicht von selbst in unser Leben. Um eine nachhaltige Veränderung zum Positiven zu bewirken und jene Dinge, die wir ersehnen, zu verwirklichen, braucht es Wiederholung und ein gewisses Maß an Anstrengung.
Wer sich nichts erhofft, wird sich gar nicht erst auf den Weg machen. Meist kosten wir bei einer ersten Gelegenheit etwas, das uns Lust macht auf mehr. Stille. Verbundenheit. Liebe. Eine Ahnung von dem, der wir wirklich sind. Was auch immer es ist – wir begeben uns auf die spirituelle Reise, weil wir mehr davon haben oder mehr darüber wissen wollen. Weil uns etwas tief im Herzen berührt hat. Doch gerade bei uns westlichen Schülern schlägt diese anfängliche Begeisterung gelegentlich in Leistungsdenken um. Wir, denen man oft gepredigt hat, dass wir alles machen, alles erreichen können, wenn wir uns nur genug anstrengen, bringen diese Haltung mit in die Praxis. Und stehen uns damit selbst im Weg.
Auch die buddhistische Meditationslehrerin, Autorin und Mentorin Nicole Stern hat dies beobachtet: „In unserer Kultur gibt es das Missverständnis, dass ich alle Ziele erreichen kann, wenn ich mich nur genug anstrenge“, sagt sie im Interview. „Oft lernen wir schon als Kinder bestimmte Glaubenssätze wie ‚Die Dinge fallen dir nicht in den Schoß‘, ‚Man muss schon hart für Erfolg arbeiten‘ usw. Das übertragen wir dann auf unsere spirituelle Entwicklung. Aber das funktioniert so nicht.“
Das rechte Bemühen
Die Gefahr ist einerseits, dass wir innerlich verhärten, uns verkrampfen, eng werden. Und andererseits, dass wir glauben, wir könnten gewisse Zustände herstellen. Doch der spirituelle Weg ist immer auch mit Hingabe und Demut verbunden. Manche Dinge können wir eben nicht machen – wir empfangen sie. Sie werden uns geschenkt.
„In der östlichen Philosophie ist hier vom ‚rechten Bemühen‘ die Rede“, erklärt Nicole Stern. „Hinter diesem Bemühen […]