Neben Indra und Vayu zählte man Agni zu den wichtigsten indischen Gottheiten, jedoch hat er im Laufe der Zeit als personifizierter Gott sehr an Bedeutung verloren. Als Element hingegen wird er bis heute sehr verehrt, weil er der Mittler zwischen Himmel und Erde ist.
Wofür steht Agni?
Agni gilt als ein sesshafter Gott, wodurch eine intensive Nähe zum Menschen entstanden ist und er vielerorts verehrt wird. Priester zum Beispiel entzünden in vielen Ritualen ein heiliges Feuer: Angefangen von dem Feuer, welches täglich im Tempel brennt, bis hin zu speziellen Ritualen, die bei Hochzeiten oder bei der Einweihung von Wohnungen abgehalten werden. Auch im täglichen Leben vieler Inder spielt Agni eine wichtige Rolle. Als Beschützer der Menschen wohnt er in jedem Haus und in jeder Wohnung. Deshalb brennt in indischen Haushalten eine Öllampe, über die sich die Menschen mit dem Gott verbinden.
Eine zentrale Rolle aber spielt das Feuerritual bei der Verbrennung der Verstorbenen. Auch heute noch werden die Leichname in weiten Teilen Indiens öffentlich verbrannt. Das Feuer wird hier als eine Art Reinigung angesehen, die den Übergang in ein neues Leben ermöglicht und auf diese Weise die Wiedergeburt initiiert. Die bösen Taten der Menschen werden erst durch das Feuer verbrannt.
Wie wird Agni dargestellt?
Agni wird gerne als feuerroter junger Mann oder Greis im Flammengewand dargestellt. Diese Darstellung soll die Unsterblichkeit des Feuergotts symbolisieren. Auf Bildern hat Agni hat zwei Köpfe mit dunklen Augen. Der eine repräsentiert das Leben, der andere den Tod. Seine vier Hörner, sieben Arme und drei Beine stehen für verschiedene Inkarnationen. Sie symbolisieren aber auch die rasende Geschwindigkeit, mit der sich Feuer ausbreiten kann. In seinen Händen hält er das heilige Buch, welches seine Weisheit versinnbildlicht. Der brahmanische Faden, der Yajnopavita, den er um seinen Hals trägt, weist ebenfalls auf seine Weisheit und sein unendlich tiefes Wissen hin. In seiner Hand hält er ein Flammenschild und eine Girlande aus Früchten. Aus seinem Mund entspringen Feuerflammen, und aus seinem Körper strahlen sieben Flammen der Herrlichkeit, die auf seine Entscheidungsfähigkeit hinweisen. Auch der Widder, das Reittier Agnis, repräsentiert die feurige Energie, die dem Gott innewohnt.
Wofür wird Agni angebetet?
Agni wird auch deshalb gerne angebetet, weil er der Beschützer aller Zeremonien ist, und ist mit ihrer Durchführung bestens vertraut. Er ist der Mittler zwischen Himmel und Erde und macht es den Menschen möglich, den Göttern zu dienen und ihnen nahe zu sein. Bereits vor Tausenden von Jahren nutzen die Menschen Räucherrituale, um sich mit ihren Bedürfnissen und Wünschen an ihn zu wenden. Diese Verbindung können wir ebenfalls herstellen.
Auch wenn Agni durch seine enge Verbindung zum Tod und zu Vernichtung Angst auslösen kann, so beschreiben die alten Schriften ihn als Vertrauten und Freund der Menschen: Das Feuer schenkt den Menschen Wärme, es ermöglicht ihnen, Nahrung zuzubereiten, und es vertreibt die Dunkelheit. In vielen Bereichen des Lebens wird das Überleben mit Hilfe von Feuer erst möglich.
Übung: Mach Agni zu deinem Begleiter
Wenn du dich in einer Periode befindest, in der deine Durchsetzungskraft gefordert ist, oder in der es um Wahrheit, Reinheit und Transformation geht, kann Agni dir hier unterstützend zur Seite stehen. Komm dafür in eine aufrechte Sitzhaltung und konzentriere dich auf dein Manipura-Chakra. Atme in diesen Bereich deines Körpers hinein und stell dir dabei vor, dass du Reinheit und Durchsetzungskraft einatmest. Ausatmend löst du Verwirrung, Schwäche, Unsicherheit und Unklarheit. Atme auf diese Weise einige Minuten und verbinde dich so mit der Feuer-Energie in dir.
Übung: Feuerritual mit Agni
Richte dir deinen Meditationsplatz so ein, dass drei Kerzen vor dir stehen: links, mittig und rechts vor dir. Lass dich dann mit einem Blatt und Stift nieder. Geh in die Meditation. Kontempliere eine Frage, die dir am Herzen liegt. Lass dir Zeit, bis du sie richtig und für dich stimmig formuliert hast. Schreib die Frage dann auf, lies sie laut vor und verbrenn sie in einer feuerfesten Schale. Schließe danach deine Augen und konzentriere dich auf dein Solarplexus-Chakra. Lausche in dich hinein und warte auf die Antwort, die Agni dir auf diese Frage gibt.
Übung: Entfache die Flamme in deinem Herzen
Solltest du dich zu Agni hingezogen fühlen, dann kann diese Hinwendung eine Einladung sein, dich selbst wieder mehr zu lieben. Wende dich deinem eigenen Herzen zu und erlaube dir, dich selbst wieder mehr und aus ganzem Herzen anzunehmen. Wenn ein Funke von Agnis Feuer dein Herz berührt, kann sich das allumfassende Feuer kosmischer Liebe entfachen und in die Welt strömen. Öffne dich dafür. Werde zum Feuer selbst. Du kannst dafür symbolisch eine Kerze entzünden und dir vorstellen, wie das Feuer in deinem Herzen entfacht wird und sich immer mehr ausweitet und all die Menschen berührt, die du liebst. Und dass dieses Feuer sich auf all die Projekte ausweitet, die dir am Herzen liegen.
Zum Weiterlesen: Kalashatra Govinda: Shiva Shiva. Das Geheimnis der indischen Götter – Mythen, Meditationen, Rituale, Kailash Verlag 2014
Agni – Gott des Feuers und der WahrheitQualitäten: Transformation, Reinheit, Durchsetzungskraft, Erlösung |