Was bleibt, wenn wir hinter unsere Konditionierungen blicken? Können wir sie loslassen, wenn wir verstehen, dass sie eine einzige, große Illusion erzeugen? Und wenn das ganze Dasein letztlich nur eine Geschichte ist, existiert das Universum dann überhaupt? Die buddhistische Yogachara-Schule hat es in sich …
Yogachara („Praxis des Yoga“, „dem Yoga entsprechender Wandel“) ist ein philosophischer Zweig des Mahayana-Buddhismus, der im 4. Jahrhundert n. Chr. in Indien entstand. Sein Einfluss ist heute noch in vielen Schulen des Buddhismus zu finden, darunter Tibetischer Buddhismus, Zen und Shingon. Der Yogachara ist auch bekannt als Vijnanavada, oder die Lehre von Vijnana, weil er sich hauptsächlich mit der Natur von Vijnana und der Natur der Erfahrung beschäftigt. Vijnana ist eine der drei Arten von Geist, die in frühen buddhistischen Schriften diskutiert werden, und wird oft mit „Bewusstsein“, „Bewusstheit“ oder „Wissen“ übersetzt. Yogachara ist keine leicht zu verstehende Philosophie. Die Gelehrten entwickelten anspruchsvolle Konzepte, die erklären, wie sich Bewusstsein und Erfahrung überschneiden. Vasubandhu, einer der Begründer, schrieb in seinen reifen Jahren die Trimshika-Vijnapti, „die dreißig Verse“, eine prägnante, elegante und komprimierte Zusammenfassung des Herzens des Yogachara. Ein bemerkenswerter Text.
Die Unwissenheit über die Konditionierungen
Einst sprach Zen-Meister Wumen Huikai: „Du sagst, dass du unschuldig bist, während du die Laute umklammerst.“ Was genau will er uns damit sagen?
Mit der Lehre über das Festhalten der Laute bezieht er sich auf unsere Unwissenheit. Er meint damit unsere Unwissenheit über unsere unbewusste Konditionierung, denn diese ist sozusagen der Beutel der Laute, den wir unwissentlich mit uns herumtragen. Dieser Beutel wird nach dem Yogachara als „Lügner“, oder als „angesammeltes Bewusstsein“ bezeichnet. Als Ergebnis unserer Unwissenheit betrachten wir uns selbst als unschuldig, vor allem, wenn es sich um die subtileren Formen des Tötens und Stehlens, des Lügens, der Verleumdung und Sexualisierung handelt. Sie ist die Summe all dessen, was uns gelehrt wurde und wie dies geschah, und wie wir uns in der Vergangenheit verhalten haben. Aufgrund eines ganz bestimmten Aspektes unseres Geistes, wegen des so genannten „siebten Bewusstseins“, Manas, des Verführers, bleibt unser Denken unentwickelt und mit Unwissenheit, Egozentrik, Selbststolz und Selbstliebe – kurz gesagt: dem Ich – verbunden. Einerseits ist die Selbstliebe während unserer Entwicklung zum Erwachsenen notwendig, um ein gesunder Mensch mit Grenzen zu werden, ganz getreu dem elterlichen […]