Mit seiner Ergründung der Veden leistet Nishtha Müller weiterhin Pionierarbeit. Viele der von ihm für die Veden-Serie in YOGA AKTUELL übersetzten Verse wurden noch nie zuvor in ihrem psychologisch-spirituellen Sinn ins Deutsche übersetzt und werden erstmalig einem breiteren Publikum zugänglich gemacht. In Teil 6 geht es diesmal um Vak, die Göttin des Wortes und Mutter der Veden.
Wie wir bereits im ersten Teil dieser Serie gesehen haben, beziehen sich die Namen Rg-, Yajur- und Sama-Veda u.a. auf drei Aspekte des inspirierten Wortes. Kurz formuliert könnte man sagen auf Erleuchtung, Aktualisierung und Harmonisierung. Der Atharva-Veda, der vierte Veda, trägt den Nebentitel „Brahma-Veda“, der sich auch auf das Wort – diesmal in seinem Aspekt als schöpferische Eingebung der Seele – bezieht. Für die Seher war das Wort aber nicht nur Medium zur Mitteilung ihres höheren intuitiven Wissens und Macht zum Aktivieren latenter psychischer Kräfte, sondern gleichzeitig auch höchster Ursprung aller Intuition und Schöpferkraft. Es war Vak, die Göttin des Wortes, die sich ausdrückende Macht von Aditi, der Mutter des Unendlichen Bewusstseins. In dieser Folge wollen wir uns mehr dem geistigen Hintergrund des Wortes annähern, bevor wir uns in der nächsten auf seine praktische Anwendung konzentrieren.
Sri Aurobindo schreibt in “The Secret of the Veda”:
„Im System der Mystiker – das teilweise in den Schulen des indischen Yogas überlebt hat – ist das Wort eine Macht; das Wort ist schöpferisch, denn alle Schöpfung ist Ausdruck. Alles existiert bereits am geheimen Ort des Unendlichen und muss hier nur, in sichtbarer Form, durch das aktive Bewusstsein hervorgebracht werden. Gewisse Schulen Vedischen Denkens gehen davon aus, dass die Welten durch die Göttin des Wortes erschaffen wurden und der Ton als erste ätherische Schwingung der Formbildung vorangegangen ist. Im Veda selbst gibt es Passagen, welche die dichterischen Versmaße der heiligen Mantras (Anushtubh, Trishtubh, Jagati, Gayatri) als Symbole der Rhythmen behandeln, in denen die universale Bewegung der Dinge gestaltet ist.“
Der Ursprung des Wortes und seine vier Manifestations-Ebenen
In den folgenden Ausschnitten aus Hymne I.164 spricht der Seher u.a. über den Ursprungsort des Wortes. Das dafür benützte Sanskritwort „Akshara“, das man mit unvergänglich, unwandelbar oder auch ungeoffenbart übersetzen kann, finden wir in den dem Veda zeitlich folgenden Upanishaden signifikanterweise als Begriff für die heilige Silbe „OM“ verwendet. Wörtlich […]