Viele der hier für YOGA AKTUELL übersetzten Verse wurden noch nie zuvor in ihrem psychologisch-spirituellen Sinn ins Deutsche übertragen. Diesmal geht es um Usha, die Göttliche Morgenröte, sowie die holistische Weltanschauung der alten Seher und ihre mystisch-symbolische Dichtersprache.
Im vorangegangenen Teil haben wir die Reise Agnis, des göttlichen Feuers, von der Erde des Körperbewusstseins des Sehers bis in die Bereiche des Überbewussten verfolgt. In vielen Hymnen wird dieser innere Aufstieg oder die Ausweitung des Bewusstseins auch mit dem Anbruch der symbolischen „Morgenröte“ in Verbindung gebracht. Agni brennt schon in der „Nacht“, in der Unbewusstheit oder Begrenztheit unseres dreifachen körperlich-vital-mentalen Wesens. Doch hat er es genügend vorbereit, verwandelt er dessen unbewusstes Suchen in das bewusste Erwachen zu einer höheren Wirklichkeit. Usha, die göttliche Morgenröte, ist die Antwort der höheren lichtvollen Ebenen des Menschenwesens auf sein inneres Sehnen und Suchen. Erst in ihrem wundervollen Herandämmern können sich alle anderen Götter, alle anderen Bewusstseinskräfte durch Agni, die Flamme des Gewahrseins und der göttlichen Willenskraft, manifestieren. Man könnte auch sagen, die Offenbarung der Flamme im Vordergrund des Bewusstseins und das Erscheinen der Morgenröte bedingen einander. Zum Auftakt dieser Darlegung deshalb einige Verse, in denen wir Agni und Usha gemeinsam antreffen:
„Im Bewusstsein voll erwachend, begegnet Agni den Morgenröten. Erleuchtet hat er die Pfade der Seher wahrgenommen. Von den Gott-Suchern in eine breite massive Kraft entfacht, hat die befördernde Flamme die Tore der Dunkelheit aufgetan.“
„Wahrlich, die Flamme, der die Hingabe gebührt, ist gewachsen durch die Hymnen der Affirmation, durch die Worte und Äußerungen seiner Bestätiger. Die vielen Schauungen der Wahrheit begehrend, ist der Bote voll aufgeleuchtet im Erstrahlen der Morgenröte.“ (III.5.1,2)
„Als der Geliebte der Morgenröte hat er eine breite massive Kraft erlangt, intensiv aufblitzend, scheinend und flammend. Der strahlende, reine Befruchter leuchtet mit seinem Licht. Die intuitiven Gedanken in Gang bringend, hat er die (nach ihm) Verlangenden (Morgenröten) erweckt.“ (VII.10.1)
„Wendet euch an die Göttin! Bringt der weit leuchtenden Morgenröte in Hingabe euer vollkommen geläutertes Wesen dar. Hoch im Himmel (des reinen Denkgeistes) hat die Begründerin der Honig-Wonne eine massive Kraft erlangt. Eine glückselige Schau hat sie die himmlischen Lichtwelten erstrahlen lassen.“
„Die Trägerin der dynamischen Wahrheit des Himmels wurde durch die erleuchtenden Worte erweckt. Die reiche Göttin hat sich vielfältig strahlend […]