Er ist einer der beliebtesten Götter Indiens: Hanuman steht für Hingabe und bedingungslose Liebe. Hier erfährst du, wie du dich mit seiner Kraft verbinden kannst.
Was bedeutet Hanuman?
Hanuman ist in seiner äußeren Erscheinung unverwechselbar, weil der „Affengott“ sich mit dem Gesicht eines Affen offenbart. Sein Name setzt sich aus den Sanskritsilben Hanu „Kiefer“ und man „zerstört, entstellt“ zusammen.
Die Geschichte Hanumans und was ihn so besonders macht
Als der Affengott noch ein kleines Kind war, verwechselte er die aufgehende Sonne mit einer reifen Frucht, die er unbedingt besitzen wollte. Um sie zu fangen, sprang er weit über die höchsten Berge der Sonne entgegen. Und obwohl die Sonne eine enorme Hitze ausstrahlte, konnte sie dem jungen Helden nicht schaden. Als der Gott Indra sah, was sich in den himmlischen Gefilden abspielte, wurde er sehr zornig und schleuderte seinen Blitz, den Vajra, auf den Knaben. Getroffen von dem Blitz, stürzte er erst ohnmächtig auf den Gipfel des höchsten Berges und fiel dann auf die Erde. Beim Aufprall auf einen Felsen zerbrach sein linker Kieferknochen.
Als Vayu, der Vater Hanumans von dem Unglück hörte, der seinem Sohn zugestoßen war, war er so verärgert, dass er sich aus der Welt zurückzog und die Luft mitnahm. Das führte dazu, dass alle Lebewesen vor dem Ersticken bedroht waren. Die Götter waren sehr besorgt um das Wohl der Wesen, weil es ein großes Unglück mit sich gebracht hätte, wenn Vayu hätte nicht besänftigt werden können.
Hanuman war aber zum Glück nur ohnmächtig. Als Indra erkannte, dass Hanuman nicht nur seinen Blitz, sondern auch den Sturz überlebt hatte, war er sehr beeindruckt und hauchte ihm wieder Lebenskraft ein. Daraufhin sprach er: „Dein Sohn, oh Vayu, wird fortan von meinem Blitz sicher sein, denn er wird einen Körper haben, der stärker als Vajra ist.“ Weitere Götter meldeten sich zu Wort. So versicherte der Gott Brahma: „Dein Sohn, oh Vayu, wird von keiner Waffe getötet werden können. Er wird Angst in seinen Feinden wachsen lassen und Angst in seinen Freunden vernichten können.“ Auch Shiva sicherte ihm seine Unterstützung zu: „Dein Sohn, oh Vayu, wird die heiligen Schriften kennen und auf ewig von mir beschützt werden.“
Kein Wunder, dass Hanuman bei so viel göttlichem Beistand zu den stärksten und mutigsten Göttern zählen. Durch diese Sonderstellung wird auch deutlich, warum sein Leben in den indischen Epen wie dem Ramayana und dem Mahabharata mit so vielen Heldengeschichten bezeugt wird. Sie alle preisen seine außergewöhnlichen Fähigkeiten.
Magische Kräfte
Auch heute wird Hanuman noch in ganz Indien verehrt. Hin und wieder ist er allein zu sehen, häufig sehen wir ihn zusammen mit Rama, dem Gott, der unermüdlich gegen das Böse kämpft. Er wird gerne als der Schrecken der Dämonen bezeichnet, weil er nichts und niemanden fürchtet. Seine Furchtlosigkeit geht unter anderem auf die vielen Siddhis zurück, die Hanuman besitzt. Siddhis sind außergewöhnliche Kräfte, die als Fluch oder als Segen erfahren werden können. Damit umzugehen, braucht große Weisheit, die Hanuman als Kind noch nicht besaß. Er war ein wilder Junge, der gerne Streiche spielte und sich seiner großen Kräfte nicht bewusst war. Selbst jene Weisen, die sich für die Meditation in den Wald zurückgezogen hatten, waren vor ihm nicht sicher. So ärgerte er sie damit, dass er ihre geringen Habseligkeiten versteckte oder ihre heiligen Zeremonialgegenstände durcheinanderbrachte, während sie in tiefer Meditation versunken waren. Aufgrund seiner magischen Kräfte ist er schnell wie der Wind und kann spielerisch Berge versetzen. Seine Stimme ist laut wie der Donner. Er vermag es, seine Gestalt nach Belieben zu verändern. Mal ist er groß, mal erscheint er klein.
Wie wird Hanuman dargestellt?
Auf Darstellungen wird der Affengott gerne als sehr muskulös dargestellt. Seine Hautfarbe ist gelb, sein Gesicht ist rot und er hat einen langen Affenschwanz. Manchmal sieht man ihn, wie er eine Keule in der Hand hält, um damit seine Feinde zu besiegen. Seine körperlich ausdrucksstarke männliche Statur symbolisieren Kraft und Durchsetzungsvermögen. Typisch sind auch jene Darstellungen, auf denen Episoden aus seinem Leben zu sehen sind: Mal trägt er den Kräuterberg. Mal öffnet er sein Herz, um zu zeigen, dass Rama und Sita dort wohnen.
Heilige Affen: die Hanuman-Languren
In Indien durchdringen die Gottheiten nicht nur den Alltag der Menschen, sondern sie haben auch einen engen Bezug zu den Tieren. So ist es naheliegend, dass bestimmte Affen dem Gott zugeordnet werden. Dies sind die Hanuman-Languren. Sie leben in Tempelanlagen und haben dort große Narrenfreiheit. Ähnlich frech wie Hanuman als Junge war, so können auch die Affen die Tempelbesucher ärgern und sie ganz schön aus der Ruhe bringen.
Hanuman als dein göttlicher Freund
Fühlst du dich besonders zu diesem Gott hingezogen, ist dies ein Zeichen, dass er dir schützend zur Seite stehen möchte. Sollte er sich dir in Träumen oder Meditationen zeigen, dann möchte er dich einladen, wandlungsfähig und flexibel zu bleiben – oder zu werden. Besonders in der heutigen Zeit, in der wir aufgefordert werden, Altes hinter uns zu lassen, kann Hanumans Energie für dich dabei sehr unterstützend sein.
Vielleicht möchte Hanuman dich auch auffordern, Routine und Eintönigkeit hinter dir zu lassen. Verlass deshalb deine Komfortzone immer wieder bewusst und öffne dich für Neues. Besuch neue Orte, praktiziere neue Asanas oder suche neue Lehrer auf, um deinen Horizont zu erweitern.
Die Siddhis, die übernatürlichen Kräfte, die Hanuman besitzt, sind nicht unbedingt für jeden Menschen etwas. Mit ihnen weise umzugehen, ist eine große Tugend. Zu schnell kann man das Gefühl haben, jemand Besonderes oder „weiter“ als andere auf dem Yogaweg zu sein. Hanuman konnte deswegen gut mit diesen Kräften umgehen, weil er eine starke Hingabe besaß und der Kraft des Göttlichen vollends vertraute. Im Gegensatz zu ihm laufen viele Menschen Gefahr, sich an den Siddhis festzuhalten. Sie sind jedoch lediglich ein Werkzeug, um dem Göttlichen näherzukommen. Nicht aber um Macht zu gewinnen.
So kannst du dich mit dem Affengott verbinden
Hanuman-Meditation
Komm in eine bequeme Sitzhaltung. Stell dir vor, du sitzt bequem auf einem Baum. Der Baum ist groß und du hast genügend Platz, dich dort an einen Ast oder den Stamm anzulehnen. Entspanne dich. Der Baum ist so groß und stark, dass auf deinem Ast ein Stück von dir entfernt der Gott Hanuman sitzt. Er ist in tiefer Meditation versunken. Seine göttliche Kraft ist so stark und so heilsam, dass du sie wahrnehmen kannst. Nicht nur das: Mit jedem Atemzug kannst du sie aufnehmen. Du kannst dir auch sagen: „Mit der Einatmung öffne ich mich für die Kraft Hanumans. Ausatmend lasse ich alle Ängste, Sorgen und Zweifel los. Einatmend empfange ich die Kraft und den Segen Hanumans, ausatmend lasse ich alle Zweifel los. Einatmend öffne ich mich. Ausatmend lasse ich los.“ Meditiere so lange auf diese Weise, bis du das Gefühl hast, erfüllt zu sein von Hanumans Energie. Verneige dich abschließend vor ihm und beende die Meditation.
Hanuman-Tempel-Meditation
Sollte das Gefühl, auf einem Baum zu sitzen, Höhenangst bei dir auslösen, so kannst du dir auch vorstellen, dass du zu einem Tempel kommst. Du gehst in den Tempel hinein. Dort sitzt Hanuman vorne in tiefer Meditation versunken. Seine selbstlose, liebevolle Energie erfüllt den ganzen Tempel. Du kannst dir vorstellen, dass du zu ihm gehst und dich ihm gegenüber setzt. Vielleicht möchtest du ganz nah vor ihm sitzen. Möglicherweise fühlst du dich aber etwas wohler, wenn du ihm mit etwas Abstand begegnest. Wo immer dein Platz in dem Tempelraum ist: Lass dich dort nieder. Gib dir Zeit, dort anzukommen und dich zu entspannen. Richte dich dann aus und öffne dein Herz für Hanuman. Bitte ihn, dich mit seiner Liebe, seinem Mut und seinen Kräften zu stärken. Verweile so lange auf diese Weise, wie es dir Spaß bereitet. Wenn du die Meditation beenden möchtest, verneige dich vor ihm und bedanke dich bei ihm für seinen Segen.
HanumanQualitäten: Hingabe, Mut, Stärke, Selbstlosigkeit |
Zum Weiterlesen:
Ramakrishna: Das Vermächtnis. O.W. Barth. 2003
Kalashatra Govinda: Shiva Shiva! Das Geheimnis der indischen Götter – Mythen, Meditationen, Rituale. kailash verlag, 2014
István Keul: Hanuman, der Gott in Affengestalt: Entwicklung und Erscheinungsformen seiner Verehrung (Religionsgeschichtliche Versuche und Vorarbeiten 47)