Auf dem Weg zur Erleuchtung hat man es mit ein paar Stolpersteinen zu tun. Wie heißt es noch gleich so schön: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.
Der yogische Prozess verläuft entgegengesetzt zu der nach außen gerichteten Tendenz, die dem menschlichen Geist üblicherweise zunächst zueigen ist. Dementsprechend entfaltet er sich nicht immer glatt und ohne Rückschläge – das musste so manch einer von Ihnen schon häufig selbst erfahren. Wie bereits in der Bhagavad-Gita festgestellt wird, kann das Selbst sich als sein eigener größter Feind entpuppen. Und so nennt Meister Patanjali in seinem Yoga-Sutra nicht weniger als neun Hindernisse (antaraya), die sich dem praktizierenden Yogi in den Weg stellen können: Krankheit, Apathie, Zweifel, Unaufmerksamkeit, Faulheit, Genusssucht, falsche Einsicht, Nichterreichen der Stufen [des Yoga] und Instabilität [auf diesen Stufen] sind die Ablenkungen des Bewusstseins, und bei genau jenen handelt es sich um die besagten Hindernisse. Sie alle müssen als selbstverschuldete Einschränkungen verstanden werden, die den Yoga-Prozess verzögern oder sogar zunichte machen. Sie sind zugleich als Ausdrücke des Unbewussten zu betrachten, die das Bemühen des Yoga-Praktizierenden durchkreuzen und ihn dabei auf dem Status Quo festhalten: dem Zustand der unerleuchteten Persönlichkeit, des unerlösten Selbst.
Auch wenn der Wunsch nach Erlösung (mumukshutva) noch so präsent sein mag, bleibt die Aspirantin oder der Aspirant dennoch den widerstreitenden Kräften der Natur (prakriti) unterworfen, die ihre oder seine Psyche beherrschen. Scheinbar zufällige Vorkommnisse wie beispielsweise Krankheit, die Fortschritte auf dem Wege des Yoga vereiteln, sind letztlich auf die Erfüllung karmischer Dispositionen zurückzuführen und insofern selbstverschuldet.
Es ist nochmals zu betonen, dass Patanjali die neun Hindernisse als „Ablenkungen des Bewusstseins“ (citta-vikshepa) bezeichnet. Dies sind Störungen oder Dysfunktionen, wie der Begriff „viskhepa“ gut verdeutlicht, leitet er sich doch von der Vorsilbe „vi-“ („entgegen“) und der Verbalwurzel „kship“ – „werfen“, „schleudern“ ab. Die „viskhepas“ zerstreuen die Konzentration des Yogi und wirken somit seiner fortdauernden Bemühung um Zielstrebigkeit oder „Ausrichtung-auf-[nur]-Eines“ (ekagrata) entgegen.
Laut Yoga-Bhashya gibt es die folgenden fünf Stadien oder Stufen (bhumi) mentaler Aktivität:
- unruhig/rastlos (kshipta) – oder aufgeregt, weil ein Übergewicht an rajas, also des dynamischen Prinzips der Natur, die Oberhand gewinnt. In Shankara Bhagavadpadas Yoga-Bhashya-Vivarana wird dieser Zustand mit einem überfüllten Kornspeicher verglichen, der aufbricht.
- irrgeleitet (mudha) – oder vernarrt, herbeigeführt durch vorherrschendes tamas, das Naturprinzip […]