Der Weisheitslehrer OM C. Parkin über ein spirituelles Leben innerhalb und außerhalb der Welt.
Wie sieht ein spirituelles Leben aus? Antwort: Gar nicht. Es sieht gar nicht aus. Will heißen: Es sieht nicht auf eine bestimmte, vom denkenden Geist eindeutig zu erfassende Weise aus. Auf der Suche nach äußeren Merkmalen eines „spirituellen Lebens“ sind wir gezwungen, „unspirituelle“ Ausdrucksformen zu definieren, was uns in eine Eingrenzung von Spiritualität führt. Spiritualität meint jedoch das, was seinem Wesen nach unbegrenzt ist. In einem Dialog mit Annette Kaiser (Gelebte Spiritualität. Wege der Annäherung; advaitaMedia April 2012) definiere ich Spiritualität als die „alles durchdringende Kraft dessen, was IST“. Diese absolute Perspektive lässt keinen Raum, weder für unspirituelle Lebensformen im Allgemeinen, noch für unspirituelle menschliche Ausdrucksweisen im Speziellen. Ein Stein ist demnach genauso spirituell wie eine Kuh, eine Kuh genauso spirituell wie ein Mensch. Und ein Psychopath ist genauso spirituell wie ein Erleuchteter. Es existiert zur Spiritualität kein Gegensatz, da sie nicht innerhalb der Dualität ist, sondern das EINE, seine Wirkung und seinen Ausdruck meint. Gleichwohl gibt es relative Sichtweisen in der Annäherung an das Verständnis wahrer Spiritualität und seines menschlichen Ausdrucks, denen entsprechend auch nur eine relative Wahrheit zugesprochen werden kann. Wir müssen ein Modell der Evolution des Bewusstseins einführen, um der sich ihrer selbst bewussten Spiritualität einen Platz in der Großen Ordnung zuzuordnen. Diese Spiritualität beginnt erst mit der menschlichen Form. Nehmen wir die einfachste, traditionelle Große Kette des Seins, und unterteilen das Spektrum des Bewusstseins, die Sphären des Gesamtuniversums („Universum“ heißt übersetzt „Das zum Einen Gewendete“) grob in fünf Ebenen:
- Materie (Physik)
- Leben (Biologie)
- Geist (Psychologie)
- Seele (Theologie)
- GEIST (Mystik)
Mit dem Leben, der organischen Materie kommt die menschliche Form ins Spiel, mit dem Geist beginnt die eigentlich menschliche Dimension: die bewusste Dualität, die Abtrennung einerseits und die Erkenntnisfähigkeit, das Potenzial zu bewusster Spiritualität andererseits. Die menschliche Evolutionsforschung unterscheidet, je nach Feingliederung, zwölf oder mehr relativ unabhängige Entwicklungsstrahlen oder Entwicklungslinien, in denen sich die menschliche Entwicklung vollzieht (z.B. instinktiv, emotional, kognitiv, sozial, moralisch, Weltsichten, spezielle Begabungen) Unter Forschern herrscht Uneinigkeit darüber, ob Spiritualität einen eigenen Entwicklungsstrahl darstellt oder ob Spiritualität sich auf eine bestimmte, hohe Entwicklungsstufe, also Ebene aller Strahlen bezieht.