Eine Yoga-Sadhana hilft uns, Gleichmut und Empathie zu entwickeln. Sie kann unterschiedliche Elemente beinhalten und wird mit der Zeit von der anfänglichen Herausforderung zur täglichen Freude.
Es ist April 2020, die Welt befindet sich in einem von der Regierung verordneten Zwangs-Retreat. Das Corona-Virus bringt ganze Länder zum Stillstand, und die Menschen werden dazu angehalten, zu Hause zu bleiben. Für viele bedeutet das Alleinsein Entschleunigung und vielleicht sogar ein wenig Innenschau. Denn Ablenkungen gibt es, bis auf Fernsehen und Internet, nicht allzu viele. „Wie kann man so was überstehen, ohne auf Meditation zurückgreifen zu können?“, fragt mein buddhistischer Freund Gary zu Anfang dieser Phase. Und in der Tat erinnert die Situation mit all ihren Ver- und Geboten und dem durch sie ausgelösten mentalen Aufruhr an ein globales Vipassana-Retreat.
Während ein Großteil der Bevölkerung in Panik die Ladenregale leerfegt, sind es jetzt oftmals die Menschen mit einer gefestigten Yoga- und Meditationspraxis, die trotz aller Veränderungen ruhig und gelassen bleiben können. Wer Stille-Retreats, Abgeschiedenheit und Fasten von seiner Praxis kennt, den wirft die Corona-Krise nicht so schnell aus der Bahn. Wer zudem in Entwicklungsländern wie Indien gelebt hat, der kennt Lebensmittelknappheit sowie Ausfall von Strom, Wasser und Internet nicht nur im Ausnahmezustand, sondern ganz regulär aus dem täglichen Leben.
Jedoch explodiert zeitgleich mit den Hamsterkäufen in der Yoga-Welt plötzlich das Angebot von Online-Klassen. Das mag natürlich seine Validität haben, besonders für Yoga-Neulinge, die nun mehr denn je eine Ruheoase brauchen, und eventuell noch mehr für die Yogalehrer, die um ihre Existenz bangen. Allerdings stellt sich mir die Frage, wozu wir säen, wenn wir nicht ernten, wenn die Zeit dazu gekommen ist. Was bringen wir unseren Schülern bei, wenn sie in Krisenzeiten nicht alleine praktizieren können oder wollen? Und was würde passieren, wenn das Internet nun auch noch ausfiele? In Zeiten der sozialen Distanzierung, die von Yogis schon immer freiwillig ausgeübt wurde, können wir testen, ob unsere Yogapraxis auch im realen Leben Bestand hat.
Selten gab es einen besseren Zeitpunkt, um zu fragen, was Sadhana eigentlich ist, und was es heißt, wirklich Yoga zu praktizieren. Ist unsere Praxis eigenständig, und vermag sie uns auch in Isolation durch Höhen und Tiefen zu tragen? Und wenn nein, wie können wir eine derart wirksame Praxis entwickeln?
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