Zu den subtil aufeinander abgestimmten Asana-Serien des Ashtanga-Yoga-Systems gehören unabdingbar einige für diese Übungsweise typischen Besonderheiten. Sie sind für den hohen Energiegewinn, den wir durch dieses System erlangen können, verantwortlich und machen die Praxis zu einem Powertank.
Die vier Specials werden hier in der Reihenfolge ihrer traditionell bestimmten Wertigkeit für die Asana-Arbeit beschrieben. Das Kennzeichen für die yogische Körperarbeit des Ashtanga-Yoga ist Vinyasa. Der Begriff beschreibt eine von rhythmischer Ein- und Ausatmung begleitete Bewegung und meint damit die Besonderheit des Ashtanga-Vinyasa, zwischen den einzelnen Asanas, die jeweils lediglich 5 – 8 Atemzüge lang statisch gehalten werden, eine dynamische Bewegungssequenz einzuflechten. Sie bleibt immer die gleiche und wird genauso konstant durch Ein- und Ausatmungen begleitet wie die Asanas selbst.
Im Text der Yoga-Korunta des Sehers Vamana waren diese Verbindungen genauestens aufgezeichnet. Krishnamacarya, Gelehrter und berühmter Asanapraktiker, der diese Schrift in den dreißiger Jahren in der Bibliothek der Universität Kalkutta ausgegraben hatte, schätzte ihr Alter auf fünftausend Jahre und brachte die darin beschriebenen Asana-Sequenzen mit den Yoga-Sutras von Patanjali in Verbindung. Seiner Meinung nach war Ashtanga-Vinyasa das Asana-System, das dieser berühmte wissenschaftliche Praktiker des 2. Jahrhunderts v. Chr. bei seinen Lesern voraussetzte, wenn er als dritte Stufe des achtgliedrigen Yogapfads (Ashtanga-Yoga) Asana in seiner Anleitung zur Selbsterkenntnis beschrieb.
So geht es ununterbrochen weiter. Jedes Asana wird durch ein Vinyasa mit dem folgenden Asana in ununterbrochener Bewegung verbunden, so daß sich Statik und Dynamik in vollkommener Ebenmäßigkeit abwechseln. Die erhebliche Schweißmenge, die die Übenden dabei produzieren, wird nicht als störend empfunden, sondern als pranisch (energetisch) aufgeladen geschätzt. Deshalb wird es auch vermieden, ihn abzuwischen. Er wird sogar noch mit den Handflächen zurück in die Hautporen massiert. Eine halbe bis eine Stunde davor und danach wird weder geduscht noch getrunken. Prana ist an der Oberfläche der Haut und auch im Körper hochgradig aktiv. Deshalb soll von außen nicht regulierend eingegriffen werden. Nach der Asana-Session ist eine Endentspannungszeit von mindestens zehn Minuten vorgesehen, um einem Überaktivitätsschub vorzubeugen (Rajas-Dominanz).
Auch der Sonnengruß (Surya-Namaskar, siehe Bild unten) in seiner vollen Form wird Vinyasa genannt. Sein Mittelteil, den wir gerade als die Verbindung zwischen den einzelnen Asanas kennen gelernt haben, wird deshalb auch als halbes Vinyasa bezeichnet.
In der alten Schrift Yoga-Korunta war sogar die Möglichkeit dargestellt, […]