Richard Stiegler ist Meditationslehrer und Psychotherapeut. Im YOGA-AKTUELL-Interview spricht er über verbreitete Irrtümer hinsichtlich Meditation, über Unvoreingenommenheit auf dem Meditationskissen und über eine Stille, die von nichts gestört werden kann
Nachdem Richard Stiegler ein überaus positiver Ruf vorauseilte, wurde mir in der Begegnung mit ihm nun bewusst, warum. Ich traf Stiegler nach seinem Wochenendseminar „Der Duft der Freiheit“, an dem ich Ende letzten Jahres teilnahm. Er zeigte sich mir als ein Mann, der in großer Bescheidenheit von sich und über seine Arbeit berichtet. Ich sehe in ihm einen wichtigen Brückenbauer zwischen Transpersonaler Psychologie und Spiritualität – den beiden Bereichen, die ihn seit jeher anzogen. In ihnen bildete er sich immer wieder fort und er setzte sie gleichzeitig erfolgreich in seiner Arbeit als Therapeut ein. Stiegler ist in beiden Bereichen zutiefst zuhause, hat sie von innen durchdrungen. Dies wurde für mich schnell spürbar. Dadurch besitzt er die Fähigkeit, die Essenz seines Wissens in seinen Seminaren spielerisch und leicht zu vermitteln. Es ist eine hohe Kunst, die verschiedenen inneren Räume anderen in dieser so leichten Weise zugänglich zu machen. Im folgenden Interview bitte ich den 52-jährigen, Anfängern die Meditation mit all ihren Fallstricken und Entwicklungsmöglichkeiten näherzubringen.
Interview
YOGA AKTUEL: Wie definierst du Meditation?
Richard Stiegler: Meditation ist etwas sehr Vielschichtiges. Von außen betrachtet ist sie eine Form, in die ich mich hineinbegebe, z.B. auf dem Kissen zu sitzen oder die Gehmeditation. Dadurch, dass ich eine gewisse Zeit lang immer das Gleiche mache, wird mir bewusst, wie mein Geist gerade beschaffen ist. Die Form wird zum Spiegel meiner Emotionen und Gedanken. Tiefer betrachtet ist Meditation aber ein Ausdruck für das SEIN selbst. In allen Kulturen setzen sich Menschen einfach ruhig hin, um sich mit diesem SEIN zu verbinden. Einfach sein. Einfach dasein. Es geht also nicht wirklich um das Sitzen, sondern mehr um das SEIN.
Aber auch das SEIN hat verschiedene Ebenen. Zunächst geht es dabei ums Dasein und nicht ums Tun. Es geht um das schlichte Menschsein in diesem Augenblick. Wenn ich aber tiefer in den Augenblick eintauche, dann geht es um die Seinsnatur in uns. Das ist die Ebene des Gewahrseins. Ein Raum voller Freiheit und Frieden. Das Gewahrsein ist unsere innerste Identität. Unser Name, unser Beruf und alles […]